# taz.de -- Politiker schreiben an "Kronen Zeitung": Lieber Herr Dichand... | |
> Die österreichische "Kronen Zeitung" schreibt Politiker hoch oder | |
> versenkt sie. Derzeit überbieten sich die Politiker mit Briefen an den | |
> Herausgeber. | |
Bild: Neuerliche Häufung von offenen Briefen an den Herausgeber: Die "Kronen Z… | |
Jetzt auch noch die Grünen. Politik wird in Österreich über die Kronen | |
Zeitung gemacht. Das ist nichts Neues und klar, seit der damalige | |
Vizepräsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Franz Olah, 1959 | |
dem Herausgeber Hans Dichand Starthilfe für die Finanzierung des | |
Massenblattes gab. Neu ist die Häufung von offenen Briefen an den | |
Herausgeber. | |
Sie begann vergangenen Freitag. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und sein | |
designierter SPÖ-Geschäftsführer, Werner Faymann, schrieben da an den | |
87-jährigen Dichand und gaben eine Kehrtwende in ihrer EU-Politik bekannt, | |
schrieben von einer Volksabstimmung, für die sie eintreten würden, so es | |
neue EU-Verträge geben soll. Das konnte Dichand nur freuen: "Ein erster | |
Erfolg der Widerstandsfront gegen die EU-Demokratie-Blockierer", antwortete | |
er. Ja, schob Faymann nach: "Wir wollen das Vertrauen in die EU, das so | |
stark gesunken ist, zurückgewinnen." | |
Warum der SPÖ-Chef das per Brief an den Krone-Herausgeber zu erreichen | |
gedenkt - noch dazu, wo Österreich den EU-Reformvertrag bereits ratifiziert | |
hat und eine Volksabstimmung Vertrauen in EU-Politik nicht beeinflusst, | |
sondern im besten Fall abbildet? Weil das Blatt, an dem die deutsche | |
WAZ-Gruppe beteiligt ist, im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Landes die | |
größte Zeitung der Welt ist. Die Krone schreibt Politiker hoch - oder | |
versenkt sie. Und so ist man einiges gewohnt. Doch was derzeit geschieht, | |
irritiert so manchen über das übliche Irritationsmaß hinaus. | |
Anfang der Woche meldete sich Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP). Sie | |
schreibt von einem "unmoralischen Angebot", das ihr Dichand unterbreitet | |
habe: Der Krone-Herausgeber habe ihr im vergangenen Sommer erklärt, er | |
wisse, wie Regierung und ÖVP zu retten seien: "Indem Sie für eine | |
Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag sind!" | |
Dem Bundeskanzler und dem designierten SPÖ-Chef habe Dichand inzwischen | |
offenbar ein ähnliches Offert gemacht. "Die beiden haben dieses | |
bedauerlicherweise angenommen". Gegen Ende des Briefes - nachzulesen auf | |
der Homepage des österreichischen Außenministeriums - reagiert die | |
Ministerin auf ein Treffen mit Dichand, über das sich der Krone-Chef in | |
seinem Blatt belustigt hat: "Übrigens behaupten Sie, ich hätte bei unserem | |
jüngsten Gespräch beleidigt reagiert, hätte aufstehen und gehen wollen. Sie | |
irren: Nicht Beleidigung war der Grund meines Verhaltens, sondern | |
Selbstachtung." Plassniks Verhalten ist ein gutes Beispiel dafür, wie | |
Politik und Krone auch funktionieren: Eine Ministerin glaubt, sich | |
gegenüber dem mächtigen Medienvater verteidigen zu müssen. | |
Und dann kamen jetzt auch noch die Grünen. Man hätte natürlich auch einen | |
Debattenbeitrag in einem anderen Blatt schreiben können, stattdessen tarnte | |
der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz seinen Beitrag als Spaß: So wie | |
der eine ein Brieferl schreibt und der andere eines, schreiben wir jetzt | |
auch eines und tun so, als nähmen wir die ganze Sache aufs Korn. Pilz wirbt | |
eine A4-Seite lang für grüne EU-Politik, bis er dann doch noch auf Dichand | |
Bezug nimmt: "Wir versichern Ihnen an dieser Stelle: Auch wenn Sie Ihre | |
Einstellung zur Europäischen Union nicht ändern werden, werden wir unserer | |
Haltung treu bleiben. Ein ökologisches und soziales Europa der Bürgerinnen | |
und Bürger bleibt unser Ziel." | |
Wie schrieb der Chefredakteur der Wiener Wochenzeitschrift Falter kürzlich: | |
"Die Medialpartnerschaft lebt. Nur offener denn je." | |
3 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Christine Zeiner | |
## TAGS | |
Österreich | |
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