# taz.de -- Kolumne Unser Mann in Roskilde: Crowd-Surfen verboten | |
> Auf-Schultern-Sitzen ist auch nicht erlaubt. Aber die Menschen mit den | |
> orangefarbenen Westen müssen niemanden gewaltsam herunterzerren. Stress | |
> macht nur das gestopfte Programm. | |
Bild: Joan Wasser fährt Streifenwagen | |
Samstag ist der Tag der alten Helden. Denn es spielen Neil Young, My Bloody | |
Valentine und: Judas Priest. Ich als Spätgeborener habe vor allen dreien | |
natürlich größten Respekt - wobei ich von Judas Priest eigentlich gar | |
nichts kenne, abgesehen von "Breaking The Law". Der all music guide sagt: | |
Judas Priest gibt es schon seit 1970. Wie alt sind die denn dann, bitte!? | |
Ansonsten muss Folgendes verkündet werden: Eine Entscheidung ist gefallen! | |
Ich werde Neil Young nicht anschauen, sondern schön zu My Bloody Valentine | |
gehen. Es ist mir nicht leicht gefallen, aber ich habe die leise Ahnung, | |
dass man Neil Young eher noch einmal sehen können wird als die alten | |
Noise-Helden. | |
Während der Konzerte verteilen nette Menschen in orangefarbenen Westen | |
massenweise Wasser in Plastikbechern ans Publikum. "Crowd Safety" steht auf | |
den Westen. Bei anderen Festivals heißen diese Menschen Ordner, tragen | |
schwarze, dicke Jacken, auf denen "Security" steht und schauen grimmig. Auf | |
den Bechern ein Aufruf: Alkohol trocknet aus! Menschenmassen erzeugen | |
Hitze! Trinkt Wasser! | |
Bisher hat noch keiner gesehen, dass ein Ordner irgendwo einen Zuschauer | |
herausziehen musste, weil er sich daneben benommen hat. Nichts dergleichen. | |
Crowd-Surfen ist verboten, darauf weisen große Schilder hin, und die Leute | |
halten sich dran. Auf-Schultern-Sitzen ist auch verboten. Manchmal halten | |
sich die Leute nicht dran. Dann richten sich die Ordner auf, zeigen mit dem | |
Finger auf den, der auf den Schultern sitzt, und der steigt schnell wieder | |
ab. Es funktioniert wirklich. | |
Man könnte sich weiterhin in Lobeshymnen ergehen auf dieses Festival, zum | |
Beispiel stehen überall große Container herum, in die man Leergut werfen | |
kann, dessen Pfandwert dann gespendet wird. Oder die Ampelsysteme, mit | |
denen geregelt wird, wann man in den vorderen, abgesperrten Bereich vor die | |
Bühne gehen kann und wann nicht. Es gibt eine Apotheke auf dem | |
Festivalgelände und einen Cash Point voller Geldautomaten. | |
Am Freitag habe ich übrigens Nick Cave gesehen. Mit Grinderman, seinem | |
Nebenprojekt. Nachdem CocoRosie mit einer viel zu leisen, viel zu schlecht | |
beleuchteten Performance uns "schon etwas enttäuscht" Richtung Hauptbühne | |
gehen ließen, holte Nick Cave den schmutzigsten Rock aller Zeiten raus und | |
blies uns weg. | |
Um fünf spielen The Fashion, die sich überschneiden mit Joan As | |
Policewoman, die sich mit Judas Priest überschneidet, die noch spielen, | |
wenn The Notwist anfangen, die noch längst nicht zu Ende gespielt haben | |
wenn man schon bei My Bloody Valentine stehen muss, nach denen man gar | |
keine Verschnaufpause hat, weil man sich entscheiden muss zwischen Girl | |
Talk oder Lykke Li, bevor um Mitternacht die großen Raveonettes anfangen | |
nach denen direkt im Anschluss dann Alphabeat an der Reihe sind. | |
So ein Rockfestival kann ganz schön anstrengend sein. | |
6 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Weber | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
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