# taz.de -- Kommentar Bundeswehr-Gelöbnis: Normalität unter Polizeischutz | |
> Die Botschaft des Bundeswehrgelöbnisses: Wir sind wieder normal. Doch in | |
> Deutschland gibt es - mit Recht - bis heute ein tiefes Misstrauen gegen | |
> martialische Inszenierungen. | |
500 Bundeswehrsoldaten werden am Sonntag vor dem Reichstag ihr feierliches | |
Gelöbnis ablegen. Dieser Inszenierung wohnt eine dreifache Symbolik inne. | |
Das Datum, der Jahrestag des Attentats auf Hitler, rückt die Bundeswehr in | |
eine antifaschistische Traditionslinie. Der Ort weist das deutsche Militär | |
als Institution der Demokratie aus. Die dritte Botschaft lautet: Die | |
Bundeswehr kann den öffentlichen Raum beanspruchen. Daher findet das | |
Gelöbnis nicht - wie sonst - halböffentlich im Bendlerblock statt, dem Sitz | |
des Verteidigungsministeriums. Sondern an einem zentralen Platz der | |
Republik. | |
Zusammengefasst lauten diese drei Botschaften: Wir sind wieder normal. Die | |
Bundeswehr sollte endlich auch so selbstverständlich auftreten, wie es das | |
Militär in den Niederlanden, in Italien oder Frankreich tut. Dieses Ziel | |
verfolgt Verteidigungsminister Franz Josef Jung noch zielstrebiger, als es | |
seine Vorgänger taten. Und dies soll auch das gewaltige Ehrenmal zeigen, | |
das derzeit beim Bendlerblock errichtet wird, mit dem die Bundeswehr ihrer | |
Toten gedenken will. | |
Beim Gelöbnis in Berlin muss diese Normalität aber unter Polizeischutz | |
inszeniert werden, die halbe Stadtmitte wird abgesperrt. Fast 2.000 | |
Polizisten bewachen die Feier, Gegendemonstrationen sind nur weit entfernt | |
vom Ort des Geschehens erlaubt. Dies ist kein öffentliches, sondern ein | |
nichtöffentliches Gelöbnis. Es zeigt einmal mehr, dass jeder Versuch, | |
krampfhaft militärische Normalität zu inszenieren, mit dem Beweis des | |
Gegenteils endet. Kein Wunder, dass kaum ein Politiker Lust hat, dieser | |
Show beizuwohnen. | |
Aber hat Jung nicht vielleicht Recht? Ist die Bundeswehr nicht inzwischen | |
eine normale Armee, der es auch zusteht, sich normal zu präsentieren? Die | |
Antwort lautet: Nein. Denn in Deutschland gibt es - mit Recht - bis heute | |
ein tief sitzendes Misstrauen gegen militärische Einsätze und martialische | |
Inszenierungen. Selbst bei ihrem Einsatz in Afghanistan hält sich die | |
Bundeswehr zurück. Diese Zurückhaltung und diese gebrochene Tradition gilt | |
es als einen Wert zu begreifen. Eine Normalisierung im Umgang mit dem | |
Militär, von der Jung träumt, ist das falsche Ziel. In Afghanistan und in | |
der öffentlichen Repräsentation der Bundeswehr. | |
19 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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