# taz.de -- Babyhandel in Guatemala: Die hartnäckige Suche der Ana Escobar | |
> Ein Kind wird entführt und verkauft. Als die Mutter es wiederfindet, wird | |
> sie mit gefälschten DNA-Proben abgewimmelt. | |
Bild: Für adoptionswillige Eltern in den USA gilt Guatemala schon als "Kinder-… | |
BERLIN taz Zum ersten Mal ist in Guatemala nachgewiesen worden, was schon | |
bislang jeder wusste, aber nicht bewiesen werden konnte: Bei Adoptionen von | |
guatemaltekischen Kindern durch US-amerikanische Paare sind kriminelle | |
Machenschaften im Spiel. Jetzt hat eine guatemaltekische Mutter durch | |
hartnäckige Recherchen ihr geraubtes Kind wiedergefunden, kurz bevor es mit | |
falscher Identität und gefälschter DNA-Probe zur Adoption in die USA | |
unterwegs gewesen wäre. | |
Als ihre Tochter sechs Monate alt war, überfiel eine bewaffnete Bande das | |
Schuhgeschäft von Ana Escobar im Norden von Guatemala-Stadt und entführte | |
das Baby. Zusammen mit zwei anderen Müttern, deren Kinder geraubt wurden, | |
begann Ana Escobar eine aufwändige Suche nach ihrem Kind. Ihre Versuche, | |
die Entführung zur Anzeige zu bringen, scheiterten zunächst - Guatemala ist | |
eines der rechtlosesten Länder der Welt, dessen staatliche Strukturen von | |
Korruption und organisierter Kriminalität durchsetzt sind. Erst nach | |
Unterstützung durch die Stiftung Sobrevivientes (Überlebende), die sich für | |
die Opfer von Gewalt gegen Frauen einsetzt, und nach einem spektakulären | |
Hungerstreik konnte Ana Escorbar ihren Fall zumindest anhängig machen. Doch | |
die Suche nach ihrer Tochter blieb zunächst erfolglos. Waisenheime, | |
Krankenhäuser - Ana Escobar klapperte alles ab. Vergeblich. | |
Schließlich, über ein Jahr nach der Entführung, fand Ana Escobar ein Kind, | |
das sie für ihre Tochter hielt. Ausgerechnet beim neu eingerichteten | |
staatlichen Nationalen Adoptionsrat, der gegründet worden war, um die | |
offenbar weit verbreiteten illegalen Praktiken bei den tausenden von | |
jährlichen Adoptionen in die USA in den Griff zu bekommen, sah sie das | |
Mädchen, und zwar unter anderem Namen und mit einem DNA-Nachweis, der sie | |
als Tochter einer anderen Familie ausgab. Diese andere Familie hatte der | |
Adoption zugestimmt. Genau dieses System haben Opferorganisationen seit | |
Längerem beklagt, Beweise aber fehlten bislang. | |
Diesmal konnte Ana Escobar den Adoptionsrat davon überzeugen, eine weitere | |
DNA-Probe zuzulassen. Das Ergebnis: Das Mädchen, das Ana Escobar erkannt | |
hatte und das bereits mit der adoptionswilligen US-Familie beim | |
Adoptionsrat saß, ist zweifelsfrei ihre Tochter. Seit Anfang der Woche lebt | |
sie wieder bei ihrer Mutter. | |
Der Fall wirft ein Schlaglicht darauf, dass die Bestrebungen der | |
guatemaltekischen Regierung, den illegalen Kinderhandel zu unterbinden, | |
noch immer nicht gefruchtet haben. Auch im Jahr 2007 war die offizielle | |
Zahl der Adoptionen aus Guatemala Richtung USA noch einmal angestiegen: | |
Rund 4.700 Kinder verließen das Land Richtung Norden. Noch immer werben | |
etliche Agenturen im Internet für Adoptionen aus Guatemala - Armut und | |
soziale Ungleichheit, schreiben sie, sorgten stets für Nachschub an zur | |
Adoption freigegebenen Kindern. Der bürokratische Aufwand, wenngleich durch | |
die Berichte über Missbrauch und fragwürdige Praktiken in den letzten | |
Jahren angestiegen, ist noch immer überschaubar, die Kosten auch. Zwischen | |
17.000 und 45.000 US-Dollar, informiert das US State Department auf seiner | |
Homepage, müssten für die Vermittlung kalkuliert werden. BERND PICKERT | |
25 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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