# taz.de -- Neue Adoptionsgesetze in Guatemala: Der Handel mit Kindern geht wei… | |
> Mit einem neuen Adoptionsrecht wollte Guatemala kriminellen Anwälten und | |
> dem Kinderhandel das Handwerk legen. Nur: Offenbar hält sich niemand dan | |
> das neue Gesetz. | |
Bild: Guatemala war in den vergangen Jahren weltweit das zweitgrößte Exportla… | |
GUATEMALA-STADT taz Glaubt man den offiziellen Angaben, so ist die Zahl der | |
Adoptionen in Guatemala seit Jahresbeginn dramatisch zurückgegangen. Beim | |
Nationalen Rat für Adoptionen sollen im ersten Quartal 2008 gerade 20 | |
Anträge eingegangen sein. In früheren Jahren waren es in drei Monaten | |
jeweils mehr als tausend. Adoptionen waren ein Bombengeschäft. Nach | |
Schätzungen von Sozialverbänden verdienten die darauf spezialisierten | |
Anwälte um die 200 Millionen Dollar im Jahr. Oft war die Identität der | |
adoptierten Kinder gefälscht. Viele waren geraubt oder ihren Müttern unter | |
falschen Versprechen abgeschwatzt worden. Es gab sogar Fälle von | |
Vergewaltigungen, um Kinder für Adoptionen zu zeugen. Ein zum Jahreswechsel | |
in Kraft getretenes neues Adoptionsrecht sollte solche Machenschaften | |
verhindern. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass die neuen Regeln in | |
großen Stil umgangen werden. Am Samstag enthüllte die Tageszeitung Siglo | |
XXI, dass 650 Kinder am neuen Gesetz vorbei zur Adoption freigegeben | |
wurden. | |
Das gerade 13 Millionen Einwohner zählende Guatemala war in den vergangenen | |
Jahren nach China weltweit das zweitgrößte Exportland für Adoptivkinder. | |
Mehr als 4.000 meist indianische Kleinkinder wurden von ausländischen | |
Paaren angenommen. 95 Prozent dieser Kinder gingen in die USA. Ein neues | |
Adoptionsrecht sollte dem Kinderhandel ein Ende bereiten. Seit dem 1. | |
Januar muss der neu geschaffene Nationale Rat für Adoptionen die Identität | |
und Vorgeschichte von Kindern prüfen, bevor er sie in einer gemeinsamen | |
Entscheidung mit dem Büro des staatlichen Ombudsmanns legal adoptiert | |
werden können. Offenbar funktioniert dieses Verfahren überhaupt nicht. Der | |
Adoptionsrat hat sich noch nicht einmal ein internes Regelwerk zum Ablauf | |
des Verfahrens gegeben. Die im Gesetz vorgesehene Frist dafür ist bereits | |
Ende Februar abgelaufen. Nach den Recherchen von Siglo XXI wurden unter dem | |
neuen Gesetz trotzdem 650 Kinder zur Adoption freigegeben. Adoptionsrat und | |
Ombudsmann schieben nun die Verantwortung dafür hin und her. | |
Da nach Angaben des Adoptionsrats in diesem Jahr lediglich 20 Anträge auf | |
die Freigabe von Kindern gestellt wurden, dürften die 650 adoptierten | |
Kinder zu den Altlasten gehören. Als das neue Adoptionsrecht in Kraft trat, | |
waren bei den Gerichten noch 2.938 Fälle aus dem Vorjahr anhängig. Nach der | |
guatemaltekischen Verfassung können Gesetze nicht rückwirkend gelten, und | |
so ist völlig unklar, wie mit diesen Kindern verfahren werden soll. | |
„Niemand weiß, wo diese Kinder heute sind“, sagt Vásquez von er | |
regierungsunabhängigen „Bewegung für die Rechte von Kindern und | |
Jugendlichen“. „Sind sie in staatlichen Kinderheimen oder in den Händen von | |
Privatleuten?“ Nachfragen beim Adoptionsrat hätten gezeigt, dass auch der | |
nichts über den Verbleib dieser Kinder wisse. Die Zahl der geraubten | |
Kindern hat sich nach den Statistiken der Kinderschützer nicht wesentlich | |
verändert. Das deutet darauf hin, dass das neue Gesetz zwar gut sein mag, | |
doch es scheint sich niemand daran zu halten. | |
28 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
## TAGS | |
Russland | |
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