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# taz.de -- Mitgliederschwund der SPD: Das Siechen der Sozialbürgerlichen
> Die SPD hat nun nicht nur weniger Mitglieder als die CDU - weil sie nicht
> mehr schafft, die Arbeiterschaft zu repräsentieren. Doch in der Krise
> steckt auch eine Chance für die Partei.
Bild: In der Berliner Zentrale wird die Fahne noch hochgehalten.
Der Klimawandel ist kein neues Phänomen. Gleichwohl machen uns erst die
Wetterextreme, die Stürme und Hitzewellen sein ganzes Ausmaß bewusst.
Ähnlich ergeht es der SPD: Sie schmilzt wie ein riesiger Eisberg in der
Antarktis. Stück für Stück bricht ein Brocken heraus, die Partei liegt bei
Wahlumfragen stetig deutlich unter 30 Prozent, weit jenseits der Marke, die
eine Volkspartei ausmacht.
Aber erst jetzt wird das ganze Ausmaß des Niedergangs der SPD deutlich -
und dieser liegt tiefer als die alltägliche Zwietracht über die Schwäche
des Parteivorsitzenden, die ungeklärte Kanzlerkandidatur und die Agenda
2010. Denn seit vergangener Woche ist die älteste Partei Deutschlands nicht
mehr die größte Volkspartei in diesem Land. Mit rund 1.700 Mitgliedern
führt die Union (531.755) nun in diesem Wettrennen nach unten vor der SPD
(529.994 Mitglieder). Dies liegt nicht an der positiven Entwicklung der CDU
- auch um die christdemokratische Volkspartei steht es nicht zum Besten -
sondern einzig an den dramatischen Verlusten der Sozialdemokraten.
Die Ablösung der SPD als größte Volkspartei ist nicht nur ein epochales
Datum in der deutschen Parteiengeschichte, sondern auch von großer
symbolischer Bedeutung für das Selbstverständnis der SPD. Die CDU, das war
immer die Partei der Honoratioren, der Gewerbetreibenden, der bürgerlichen
Minderheit. Die SPD verstand sich als die Partei der kleinen Leute, der
Arbeiterschaft, ja der breiten Masse der Bevölkerung. Das scheint nun
vorbei. Zum Vergleich: Noch in den 1960er Jahren zählte sie etwa 400.000
Mitglieder mehr als die CDU. In Ostdeutschland ist sie mittlerweile sogar
nur noch die drittgrößte Partei, kleiner als CDU und Linkspartei. In
Sachsen und Sachsen-Anhalt ist sie gerade noch doppelt so groß wie FDP.
In den 70er Jahren, auf ihrem Höhepunkt, zählte die Sozialdemokratie mehr
als eine Million Mitglieder, jetzt steuert man auf die 500.000 zu. Damals
hatte fast jeder sechzigste Bürger ein SPD-Parteibuch, heute nur noch jeder
Zweihundertste. Die Agenda 2010 hat den Niedergang der SPD nicht ausgelöst,
aber beschleunigt. Zwischen 1990 und 2002 hat die SPD - ausgenommen die
Jahre, in denen Bundestagswahlen stattfanden - durchschnittlich 2,9 Prozent
ihrer Mitglieder pro Jahr verloren. Seit der Agenda 2010 geben jährlich gar
5,5 Prozent der Mitglieder jedes Jahr ihr Parteibuch zurück.
Weil zudem weniger junge Leute eintreten, hat sich die Altersstruktur der
Partei drastisch verändert. Noch 1990 war die SPD eine vergleichsweise
junge Partei. 10,2 Prozent der Mitglieder waren unter 29 Jahre alt, nur
24,6 Prozent über 60 Jahre. Inzwischen ist die AG 60+ die wichtigste
Arbeitsgemeinschaft der Partei: 2007 waren 46,7 Prozent der Mitglieder über
60 Jahre und nur noch 5,8 Prozent unter 29. Dass die Partei vergreist,
zeigt sich auch im Niedergang der Jungsozialisten. 1974 gab es noch mehr
als 300 000 Jusos, heute sind es nur noch etwa 50 000.
Der anhaltende Mitgliederschwund untergräbt das Fundament der Partei. Noch
halten die Dämme, aber sie werden zunehmend unterspült. So ist auch die
Zahl der Ortsvereine dramatisch zurückgegangen. Die ehedem stolze
Organisation, die in früheren Zeiten ganz Deutschland mit einem dichten
Netz von Ortsvereinen, Freizeit- und Sportvereinen überzogen hatte, deren
Apparat von Aktivisten an der Basis beeindruckend war, ist nur noch ein
Leib ohne Rumpf.
Auch bei den Wählerinnen und Wählern steht die SPD denkbar schlecht da.
Seit Ende der 50er Jahre befand sie sich noch nie in solch einem
beharrlichen Dauertief. Vor allem die alte Stammklientel, die Arbeiter,
kann die SPD nicht mehr mobilisieren. Bis Ende der 80er Jahre erreichte die
SPD bei Bundestagswahlen unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern
oftmals nahezu 60 Prozent. Bei der letzten Bundestagswahl 2005 wählten
jedoch nur noch 41 Prozent der Arbeiter und lediglich 55 Prozent der
gewerkschaftlich organisierten Arbeiter die SPD. Heute neigen die Arbeiter
in Umfragen im Westen nur noch leicht überdurchschnittlich zur SPD, im
Osten schon nicht mehr. Auch bei den jüngsten Landtagswahlen hat man wieder
vor allem bei den Arbeitern verloren. Die alte Wahlverwandtschaft zwischen
industrieller Arbeiterschaft und SPD erkaltet.
Heute gibt es hingegen prozentual fast dreimal mehr Arbeiter in der
Gesellschaft als in der Mitgliedschaft der SPD. 2004 waren nur noch 12,1
Prozent der SPD-Mitglieder Arbeiter. Bei den Neueintritten sind es sogar
nur noch weniger als sieben Prozent. Auch eine Gewerkschaftsbindung weisen
inzwischen nur noch 20 Prozent der Neumitglieder auf.
Nicht nur Arbeiter und SPD haben sich entkoppelt, sondern auch ihr
Bindeglied ist brüchig geworden. Die SPD war über Jahrzehnte trotz manchem
Zank, Hader und Knatsch immer die Partei der Gewerkschaften. Heute hält nur
noch wenig Gewerkschaften und SPD zusammen, im besten Falle ist es eine
Zweckgemeinschaft, die ohne Leidenschaft, Gewissheit und Loyalität
auskommt. Die gegenseitige Entfremdung erreichte in der Folge der Agenda
2010 ihren Höhepunkt. Zwar besitzen noch immer die meisten
Gewerkschaftsspitzen ein SPD-Parteibuch, aber sie wollen und können nicht
mehr verhindern, dass die mittleren Funktionäre immer häufiger in der
Linkspartei ihre politische Heimat finden. Auch auf der anderen Seite
findet die Entfremdung statt: Lag der Anteil der im Bundestagsfraktion
gewerkschaftlich organisierten SPD-Parlamentarier vor 1990 noch bei über 90
Prozent, ist er 2005 auf 59 Prozent zurückgegangen.
Freilich gab es in der SPD schon lange ein Übergewicht der Beamten, Anwälte
und Beschäftigen aus dem öffentlichen Dienst. Aber die Qualität hat sich
verändert. Der Vorsitzende Kurt Beck bildet als ausgebildeter
Elektromechaniker noch eine Ausnahme. Wenn man davon ausgeht, dass
Abgeordnete Politik machen, die ihre eigene soziale Stellung reflektiert,
dann verwundert die Politik der Mitte kaum. Mehr als 80 Prozent der
Fraktionsmitglieder sind Akademiker: Juristen, Lehrer, Politologen,
Volkswirte, Ingenieure sind die großen Cluster in der Berufsstruktur - nur
die Arbeiter und kleinen Angestellten muss man mit der Lupe suchen: ein
paar wenige Kaufleute, Techniker, Programmierer oder Erzieherinnen. Aber
diese sitzen oft auch schon mehr als ihr halbes Leben im Parlament. Die
Arbeiter aus manuellen Berufen kann man an einer Hand abzählen: ein Koch,
ein KFZ-Mechaniker, ein Lokomotivführer, zwei Maurer. Wenige Betriebsräte
und etwa zehn (ehemalige) Gewerkschaftssekretäre. Die Fraktion der
Linkspartei hat ebenso viele Gewerkschaftssekretäre in ihren Reihen, zählt
aber nur ein Viertel der 222 Abgeordneten der SPD-Fraktion. Und, was in der
klassischen SPD undenkbar gewesen wäre: Kein einziger Gewerkschaftsführer
befindet sich noch in der SPD-Fraktion. Der letzte war der
IG-BAU-Vorsitzende Klaus Wiesehügel, der 2002 aus dem Bundestag ausschied.
Die meisten führenden SPD-Politiker haben ihre politische
Basissozialisation weder im Betrieb noch in gesellschaftlichen Konflikten
gemacht, sondern in einem Wohlfahrtskapitalismus, der auch den unteren
Schichten Chancen auf sozialen Aufstieg gewährte. Maßanzüge statt
IG-Metall-Plakette gehören heute zum Dresscode der SPD. Den Gewerkschafter
mit dem Sakko von der Stange bei C&A und den Lehrer mit Lederweste, die in
der Bonner Republik das Gesicht der SPD prägten, sind nur noch Relikte
einer Partei, die es so nicht mehr gibt. Von den älteren Abgeordneten haben
noch einige den zweiten Bildungsweg beschritten, haben nach der Lehre noch
studiert und sich dann mit Ehrgeiz und Fleiß hochgeackert. Diese
Abgeordneten repräsentierten einen Teil ihrer Generation, des Modells
Deutschlands, wie es die SPD in den 60er und 70er selbst geschaffen hatte,
um den Kindern der Arbeiterschaft bessere Chancen zu bieten.
Bei den Jungen jedoch ist die Berufsausbildung nur noch Beiwerk. Oft haben
sie in ihrem erlernten Beruf gar nicht richtig gearbeitet, weil sie bereits
in jungen Jahren zum Berufspolitiker geworden sind. Die Lebenswelt der
Arbeiter, der verunsicherten Angestellten, der prekär Beschäftigen ist den
"emporgekommenen Ex-Facharbeiterkindern" schlicht fremd geworden. Auf
kommunaler Ebene ist es zum Teil noch anders, bodenständiger, verankerter,
bescheidener. Aber die Führungselite der Sozialdemokratie gehört längst zum
Establishment der Republik.
Die Kaderschmiede für den derzeitigen Nachwuchs ist die eigene
Jugendorganisation, die Jusos, in der man lernt, sich die Nächte in langen
Sitzungen um die Ohren zu schlagen, um Formulierungen zu feilschen,
politisch über Bande zu spielen, Kompromisse mit den politischen Gegnern
einzugehen. Genau wie in der Politik, halt nur in klein. Aber die
Erfahrungen von Ausbildung, betrieblicher Politik, gewerkschaftlicher
Sozialisierung, Arbeitskampf, ja der Alltagsauseinandersetzungen mit den
Kolleginnen und Kollegen im Betrieb fehlt den zumeist studentischen
Juso-Funktionären zur Gänze. Man merkt es dem heutigen Führungspersonal
immer wieder an: Wenn sie poltern wollen, wenn sie gegen den politischen
Gegner polemisieren, ist das in der Regel eine gewöhnliche Attacke,
sophistisch, gelegentlich ironisch oder intellektuell. Der plebejische
Witz, die Respektlosigkeit des Unten vor dem Oben ist aus dem rhetorischen
Arsenal der Sozialdemokratie entschwunden. Dabei war dies ein kulturelles
Elixier der Arbeiterbewegung: der derb gewürzte Scherz, mit dem man die
formellen Machtstrukturen im Betrieb verkehren konnte, war einst auch in
der Politik ein bedeutendes rhetorisches Mittel. Wenn heute ein
SPD-Parlamentarier über einen CDU-Kollegen schimpft, liegt die
Wahrscheinlichkeit, dass sich ein studierter Jurist über einen anderen
Juristen auslässt, recht hoch. Alt-Kanzler Gerhard Schröder hat die SPD
jüngst öffentlich die Partei des "aufgeklärten Bürgertums" genannt. Es ging
kein Aufschrei durch die Partei - möglicherweise, weil es für die Mehrheit
der führenden Sozialdemokraten mittlerweile stimmt.
## In der Mitte liegt der Abgrund
Willy Brandt hatte noch ein Bündnis von Mitte und Unten vor Augen, als er
den Begriff "Neue Mitte" 1972 erstmals gebrauchte. Als in den 80er Jahren
das Ende des Proletariats diagnostiziert wurde und die Gewerkschaften an
Bedeutung verloren, wurde aus der Öffnung zur Mitte eine Orientierung auf
die Mitte. Programmatisch und personell ist die gegenwärtige SPD
tatsächlich die "Neue Mitte" - aber in der Vorstellung von Schröder, nicht
von Brandt. Der gesellschaftliche Ort der SPD hat sich von den Milieus der
Arbeiterbewegung, den kommunalen Initiativen und sozialen Netzwerken in den
Staat verschoben. Sie kanalisiert nicht mehr primär die Interessen ihrer
Anhänger, sondern organisiert die staatliche Ordnung. Man strebt nach
Legitimation, nicht nach adäquater Repräsentation. Längst gehört die Spitze
der SPD zur "regierenden Klasse". In den Worten von Franz Müntefering:
Opposition ist Mist. Die SPD im 19. Jahrhundert wollte den Obrigkeitsstaat
zerstören, die heutige SPD-Spitze ist mit dem - demokratischen - Staat fest
verwachsen. Sie bezieht Einkommen, Prestige und Karrierechancen aus ihrer
Arbeit in der Geschäftsführung des Staates.
Wenn man sich den Zustand der gegenwärtigen SPD oder auch ihrer
europäischen Schwesterparteien anschaut, drängt sich die Frage auf: Hat
Ralf Dahrendorf vielleicht doch Recht behalten, als er schon Anfang der
80er Jahre des Ende des sozialdemokratischen Zeitalters ausrief? Dagegen
spricht, dass die SPD schon zu viele große Krisen und düstrere Diagnosen
überstanden hat. Oft genug wurden die Erneuerungs-, Wandlungs- und
Anpassungsfähigkeit sozialdemokratischer Parteien unterschätzt. Deshalb
stellt sich die Frage, mit was für einer SPD wir es am Ende der
gegenwärtigen Krise zu tun haben werden. Alle bisherigen Krisen konnte die
Partei durchstehen, meistern, ja ertragen, weil man sich immer wieder auf
die Tradition, die Wurzeln und auch auf die gemeinsame Vision einer
besseren Zukunft besinnen konnte. Aber diese Vision gibt es nicht mehr, und
das, was von ihr übrig bleibt, hält der realen Regierungspolitik nicht
stand.
Der Schulterschluss in den Wärmestuben der sozialmoralischen Welt von
Solidarität und Gerechtigkeit bot die Enklave, in der die SPD auch den
größten Katastrophen trotzen konnte. Indes: Diese Kraftquellen aus der
Arbeiterbewegung sind versiegt. Von der immensen gesellschaftlichen
Verankerung ist nur noch die imposante Moräne eines alten Gletschers übrig,
die Substanz geht von Jahr zu Jahr weiter zurück. Man wird eine
Mitgliederpartei bleiben, aber die Volkspartei als Typus der aktiven
Massenpartei scheint zu Ende zu gehen. In den goldenen Jahren der
Nachkriegssozialdemokratie war man eine ehemalige Arbeiterpartei, die sich
gegenüber den Mittelschichten geöffnet hat. Inzwischen ist man eine
Volkspartei mit Residuen einer Arbeiterpartei.
Die Dialektik der Krise der SPD besteht darin, dass sie ironischerweise
heute mehr denn je dem Idealbild einer Volkspartei entspricht. Die SPD ist
tatsächlich die Partei der Mitte - sie ist so sehr die Partei der Mitte,
wie es keine andere ist. Wenn man die Milieu-Studie der parteinahen
Friedrich-Ebert-Stiftung zur Grundlage nimmt, ist keine andere Partei so
gleichmäßig in allen Milieus verankert, insbesondere in den Milieus der
Mitte. Kurz: Man ist eine Volkspartei in Idealform, weil sie von fast allen
Bevölkerungsgruppen in gleicher Zurückhaltung gewählt wird. Aber man ist
eine Volkspartei ohne Rumpf. Was über Jahrzehnte ein Garant des Erfolges an
den Wahlurnen war - die Öffnung zur Mitte -, hat sich mit der nahezu
absoluten Orientierung auf die Mitte in sein Gegenteil verkehrt, da man es
nicht länger vermag, die alten Anhänger aus der Arbeiterschaft und den
unteren Schichten zu integrieren. Zudem bedeutet die Orientierung auf die
Mitte - um die ja schließlich auch die CDU, die FDP und die Grünen
konkurrieren - nicht länger eine strategische Erweiterung. Dies galt nur,
solange die SPD sich ihrer Anhänger aus der Arbeiterschaft sicher sein
konnte und es keine ernsthafte linke Konkurrenz um die soziale
Gerechtigkeit gab. Mit der Agenda 2010 hat die SPD diese Konkurrenz - "Die
Linke" - selbst in die Position des parlamentarischen Rivalen katapultiert.
Im neuen Fünfparteiensystem ist jeder weitere Schritt in die Mitte ein
Schritt, der die Brücken nach links für die SPD abbricht. Die Logik der
Öffnung hat sich in ihr Gegenteil verkehrt: Mit jedem Schritt in die Mitte
verkleinert die SPD nun ihren gesellschaftlichen Radius. Wer heute nur auf
die Mitte setzt, gewinnt vielleicht die Macht, aber kaum noch die
gesellschaftliche Mehrheit - und riskiert auf diese Weise, die Macht nur
begrenzt ausüben zu können und sie zudem schon bald wieder zu verlieren.
Ein großer Tanker geht nicht einfach unter, wenn er am Bug leckgeschlagen
ist. Die SPD hat zwar ihre über Jahrzehnte stabile Hegemonie über die
Arbeiterschaft verloren, aber sie hält sich über Wasser, weil sie nicht
ihre Regierungsfähigkeit eingebüßt hat. Allerdings gilt weiterhin, zu ihrem
Nachteil: Die Schwäche der SPD und das Erstarken der Linkspartei basieren
auf dem tiefen Bedürfnis der Deutschen nach sozialer Gerechtigkeit und
einem ausgleichenden Sozialstaat.
Doch in ihrer Schwäche hat die SPD durch den Wandel des Parteiensystems
paradoxerweise die größten Möglichkeiten, weil sie - im Prinzip - die
größten Koalitionsoptionen besitzt. Sie kann mit allen Parteien
zusammenarbeiten. Aber in der Bundesrepublik gibt es derzeit nicht nur eine
gesellschaftliche Mehrheit, sondern sogar eine potentielle parlamentarische
Mehrheit für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit. Eine Koalition mit
der Linken könnte in diesem Sinne gar eine "Entlastung" für die SPD sein,
da sie - befreit von der politischen Bindung ans Prekariat - ungeniert als
"Neue-Mitte-SPD" agieren könnte. So wäre es für die SPD nicht aus
vermeintlich linken oder gar sozialistischen, sondern aus nüchtern
kalkulierten und vor allem pragmatischen Überlegungen der Machterlangung
völlig rational, mit der Linkspartei strategisch zu kooperieren. Wenn die
SPD eine rationale Partei wäre. Sicher ist nur, was sie (bald) nicht mehr
ist: die größte Volkspartei in Deutschland.
28 Jul 2008
## AUTOREN
Oliver Nachtwey
## TAGS
Nürburgring
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