Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Solarzeitalter in Marburg: CDU will's verhindern
> Ab Oktober soll jeder Neubau ein Solardach tragen. Das will das
> Stadtparlament. Nun versucht die CDU, die "Ökodikatur" zu kippen. Aber
> ihre Position ist schwach.
Bild: Da fehlt doch noch was: Ab 1. Oktober gilt in Marburg Sonnenkollektorenpf…
BERLIN taz In Marburg sollte eigentlich in acht Wochen das Solarzeitalter
beginnen. Ab dem 1. Oktober sollte, laut Beschluss der rot-grünen Mehrheit
im Stadtparlament, kein Neubau mehr ohne Solardach oder andere erneuerbare
Energien gebaut werden. Besitzer von Altbauten sollten bei fälligen
Renovierungen der Heizung oder des Daches auf Alternativenergie
verpflichtet werden. Wer sich weigert, muss 1.000 Euro Strafe zahlen.
Ökologen feierten das Marburger Modell schon als wegweisend, zumal
explodierende Gas- und Ölpreise Solarenergie auch finanziell für
Hausbesitzer attraktiv machen, doch seit Montag ist alles wieder offen: Das
Regierungspräsidium in Gießen hatte angekündigt, die Marburger
Solarverordnung zu beanstanden. Die Verordnung, so das von einem CDU-Mann
geführte Regierungspräsidium, zwinge Hausbesitzer in die Solartechnik. Dies
sein ein "rechtswidriger" Eingriff ins Eigentumsrecht. Damit macht sich die
Behörde Argumente der CDU zu eigen, die den Solar-Plan verhindern möchte.
Ende August will die Behörde über die Verordnung entscheiden.
SPD und Grüne wiederum halten den prinziellen Einwand der Behörde für nicht
stichhaltig: Jeder Hausbesitzer müsse Vorschriften einhalten, die sein
Eigentumsrecht beschneiden, sagte der grüne Bürgermeister Franz Kahle. Das
sei so beim Abstand des Öltanks von der Wand bis hin zu Vorschriften über
die Art der Ziegel, mit denen das Dach gedeckt wird. "Nur bei der
Solarenergie gibt es Widerstand, weil die Regelungen hier noch ungewohnt
sind." Ebendies gelte es zu ändern, argumentierte der Bürgermeister. Das
Nein des Regierungspräsidiums will man jetzt an zwei Fronten kontern -
juristisch und politisch. Falls die Behörde die Solarsatzung ablehnt, wird
man beim Verwaltungsgerichtshof klagen. Vor allem aber werden SPD und Grüne
im Wiesbadener Landtag die hessische Bauordnung, auf die sich CDU und
Regierungspräsidium berufen, modernisieren. "Wir werden die Bauordnung so
anpassen, dass keine Bedenken gegen die Marburger Solarsatzung mehr
bestehen", so der SPD-Abgeordnete Thomas Spies.
Damit wird der Marburger Weg ins Solarzeitalter wohl von Rot-Rot-Grün in
Wiesbaden geebnet. Auch im Marburger Stadtparlament hatten SPD, Grüne und
Linkspartei für die Solarsatzung gestimmt - und CDU und FDP dagegen.
Allerdings werden das parlamentarische Verfahren und die Neubeantragung der
Marburger Solarsatzung das Ganze wohl um ein knappes Jahr verzögern.
Die Haltung der hessischen CDU steht vor allem politisch auf schwachen
Füßen. Das zeigt ein Blick in die 150 Kilometer südlich von Marburg
gelegene Universitätsstadt Heidelberg. Dort müssen ab 2010 bei
Heizungserneuerungen in Altbauten 10 Prozent aus erneuerbaren Energieen
stammen. Und nicht nur dort, sondern in ganz Baden-Württemberg. Angeordnet
hat dies die Stuttgarter CDU-Landesregierung. Fragt sich, warum die CDU in
Heidelberg als ökologische Innovation feiert, was sie in Marburg als
Ökodiktatur bekämpft.
31 Jul 2008
## AUTOREN
Stefan Reinecke
Stefan Reinecke
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Solarzellen auf Neubaudächern: Baupflicht wäre Aktionismus
Photovoltaik ist wirtschaftlich attraktiv, dafür braucht es keinen Zwang.
Lieber sollte man die bestehenden Hemmnisse beseitigen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.