| # taz.de -- Chinas Staatschef vor ausländischer Presse: Der Himmel blau, die E… | |
| > Chinas Staats- und Parteichef bittet zur Pressekonferenz vor | |
| > Plastikblumen, warnt vor "Politisierung" der Olympischen Spiele und | |
| > plötzlich wird alles gut. | |
| Bild: Herr Hu und die Plastikblumen: Warum denn Olympia politisieren? | |
| PEKING taz Zum ersten Mal hat sich der chinesische Partei- und Staatschef | |
| Hu Jintao direkten Fragen ausländischer Journalisten gestellt. Aus Anlaß | |
| der bevorstehenden Olympischen Spiele in Peking empfing Hu am Freitag in | |
| der Großen Halle des Volkes am Pekinger Tiananmenplatz 25 Journalisten aus | |
| allen Kontinenten. Das chinesische Außenministerium hatte die Journalisten | |
| im Vorfeld gebeten, Fragen an Hu einzureichen. Während der | |
| eineinhalbstündigen Pressekonferenz aber konnten die Journalisten ihre | |
| Fragen frei und ohne Vorgaben stellen. | |
| Im Gegensatz zum chinesischen Premierminister Wen Jiabao und seinem | |
| Vorgänger Zhu Rongji, die sich seit Ende der 90er Jahre immer wieder offen | |
| der internationalen Presse gestellt hatten, entzogen sich die chinesischen | |
| Parteichefs bislang immer den Fragen der internationalen Öffentlichkeit. Hu | |
| machte es jetzt anders - wurde aber kaum ernsthaft herausgefordert. Die | |
| Fragen blieben höflich. Die aktuell strittigen Themen rund um die | |
| Olympischen Spiele - die chinesischen Menschenrechtsverletzungen, die | |
| Situation in Tibet, die Internetzensur in China - fanden keine Erwähnung. | |
| Hu warnte stattdessen vor der "Politisierung" der Spiele. Sie verletzte die | |
| Interessen der Völker der ganzen Welt und "könne die olympische Bewegung | |
| untergraben". Er räumte ein, dass verschiedene Nationen unterschiedlichen | |
| Meinungen hätten, und forderte dazu auf, durch Gespräche auf gleicher | |
| Augenhöhe in gegenseitigen Respekt eine Annäherung zu erzielen. Im | |
| einzelnen ging er auf die internationalen Konflikte nicht ein. | |
| Dagegen verwahrte er sich, China als eine Bedrohung für die Welt zu | |
| betrachten. Danach hatte ihn der Korrespondent des Al-Jazeera-Fernsehens | |
| befragt. "China hat eine defensive Verteidigungspolitik und betreibt | |
| niemals eine Hegemonie- und Expansionspolitik", sagte Hu. Er betonte, dass | |
| China trotz "aufsehenerregender Modernisierungerfolge" immer noch das | |
| "größte Entwicklungsland der Welt" bleibe. Die Probleme und Widersprüche, | |
| auf die China im Entwicklungsprozess stoße, seien sowohl vom Umfang her als | |
| auch in ihrer Komplexität beispiellos. "Wir haben noch einen sehr langen | |
| Weg zu gehen, bis die Modernisierung erreicht werden kann," sagte Hu. Dabei | |
| werde China "in keinster Weise die Interessen anderer beeinträchtigen oder | |
| bedrohen". Hu wich mit diesen Aussagen keinen Zentimeter von den üblichen | |
| Stellungnahmen der KP-Oberen ab. Doch hatte man die Dinge von ihm in freier | |
| Rede bisher nie gehört. | |
| Immer wieder kam Hu auf den Umweltschutz zu sprechen. Er sei eine | |
| strategische Aufgabe und könne durch die Olympischen Spiele besonders | |
| gefördert werden. Sie seien die Gelegenheit für China, "das Bewußtsein für | |
| den Umweltschutz tief in den Herzen der Menschen zu verankern". Über | |
| die bislang so schlechte Luft in Peking sprach Hu nicht. Dafür umso mehr | |
| von "fortschrittlichen Technologien wie die Nutzung von Bodenwärme und die | |
| Solarenergie", die bei den Spielen Anwendung fänden. "Wir wollen durch die | |
| Austragung der Spiele die ökologische Zivilisation tatkräftig vorantreiben | |
| und uns bemühen, dass der Himmel blauer, die Erde grüner und das Wasser | |
| klarer wird", sagte Hu im lupenreinsten Parteichinesisch. Nur selten wich | |
| er von solchen vorgestanzten Formulierungen ab, beispielsweise als er von | |
| seiner Vorliebe für Tischtennis sprach. | |
| Besorgt zeigte sich Hu um die wirtschaftlichen Aussichten Chinas. Zwar habe | |
| das Land trotz Schneekatastrophe im Winter und Erdbebenkatastrophe im | |
| Frühjahr im ersten Halbjahr des Jahres einen Wirtschaftswachstum von 10,4 | |
| Prozent erreichen können. Doch gebe es in der Weltwirtschaft | |
| Unsicherheiten und destabilisierende Faktoren. Zum wirtschaftlich | |
| pessimistischen Ton passte, dass der Westsaal in der großen Halle des | |
| Volkes, in dem Hu die Journalisten, nicht wie üblich mit frischen, sondern | |
| mit Plastikblumen geschmückt war. | |
| 1 Aug 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Georg Blume | |
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