Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar zu Bürgerengagement.: Ein lobenswerter Notnagel
> Wenn Bürger mit ehrenamtlicher Arbeit etwas auf die Beine stellen, ist
> das wunderbar. Wenn aber Politiker auf ehrenamtliches Engagement setzen,
> muss man hellhörig werden.
So wünscht man sich das: Engagierte Bürger protestieren gegen die
Schließung einer Bibliothek in Prenzlauer Berg. Und weil der Bezirk sich
dennoch nicht in der Lage sieht, das Personal weiterzufinanzieren,
übernehmen die Anwohner kurzerhand den Laden. Das ist ein äußerst
lobenswertes Beispiel für die vielfach gewünschte ehrenamtliche Arbeit. Und
doch nur ein Notnagel.
Denn im Prinzip hat ehrenamtliche Arbeit einen ähnlichen Effekt wie der
Zivildienst oder die 1-Euro-Jobs der Hartz-IV-Empfänger. Auch die sollen,
so wird stets betont, keinesfalls Jobs im sozialen Bereich ersetzen,
sondern allenfalls unterstützen.
Doch die Realität sieht anders aus. Ohne Zivildienst, das wird heutzutage
niemand mehr bestreiten, wäre eine adäquate Versorgung von Behinderten,
Kranken und Alten nicht mehr vorstellbar. Bei den 1-Euro-Jobs sind längst
ähnliche Entwicklungen absehbar. Wenn Hartz-IV-Empfänger etwa zur Pflege
städtischer Grünflächen eingesetzt werden, die zuvor von
Bezirksmitarbeitern erledigt wurde, wird klar, dass die Idealvorstellung
eine Chimäre ist.
Deshalb ist auch die ehrenamtliche Arbeit keineswegs ein problemloses
Allheilmittel. Wenn Bürger damit etwas auf die Beine stellen, was es zuvor
nicht gab, dann ist sie wunderbar. Wenn sie wie bei der Bibliothek in
Prenzlauer Berg etwas ersetzt, was der Staat nicht mehr finanziert, weil
angeblich die Mittel fehlen, mag man das gerade noch akzeptieren.
Spätestens aber dann, wenn Politiker auf ehrenamtliches Engagement setzen,
muss man hellhörig werden.
Denn deren Aufgabe ist es, das Gemeinwohl aus Steuermitteln herzustellen.
Wenn die Politik zusätzlich freiwillige Dienste einfordert, ist das nicht
anderes als eine Bankrotterklärung.
19 Aug 2008
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bürgerengagement in Prenzlauer Berg: Bücherwürmer retten Bibliothek
Die Kurt-Tucholsky-Bibliothek kann nur mit Ehrenamtlichen den Betrieb
aufrechthalten. Denn der Bezirk hat kein Geld, viele Bibliotheken mussten
bereits schließen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.