# taz.de -- Schwimmerin über Paralympics: "Prothesen ziehen uns runter" | |
> Die deutsche Schwimmerin Christiane Reppe wird bei den Paralympics in | |
> Peking auf Natalie du Toit treffen. Die südafrikanische Schwimmerin sei | |
> eine Ausnahmeathletin, sagt Reppe. | |
Bild: Einige Sportler bei den Paralympics treten mit Beinprothesen an. | |
taz: Frau Reppe, was halten Sie von dem Auftritt von Natalie du Toit bei | |
Olympia? | |
Christiane Reppe: Ich finde das toll und werde ihr auch gratulieren. Es ist | |
eine tolle Publicity für uns behinderte Sportler, wenn wir dank solcher | |
Sportler ein wenig mehr in den Fokus geraten. | |
Ist der olympische Auftritt von du Toit der Anfang einer neuen Entwicklung? | |
Nein, Natalie ist schon eine Ausnahmeathletin. Bis zu ihrem Unfall hatte | |
sie professionell trainiert. Bei den Paralympics in Athen hat sie | |
entsprechend fünfmal gewonnen. | |
Sie treten in Peking gegen du Toit in derselben Schadensklasse an. Haben | |
Sie tatsächlich die gleichen Voraussetzungen? | |
Es gibt verschiedene Schadensklassen, die den Behinderungsgrad beschreiben: | |
von S1 bis S10 die Körperbehinderten, S11 bis S13 die Sehgeschädigten. Zu | |
meiner Schadensklasse S9 gehören bis zum Ellenbogen Armamputierte und bis | |
zum Knie Beinamputierte. Ich habe weniger Oberschenkel als du Toit, aber | |
das macht nicht allzu viel aus. | |
Und im Vergleich zu nichtbehinderten Schwimmerinnen? | |
Wir können halt weniger Beinarbeit leisten und nur mit dem Oberkörper | |
schwimmen. Man sagt, im Freistil macht der Beinschlag knapp 30 Prozent aus. | |
Da kann man ja ausrechnen, was es ausmacht, wenn wir nur die halbe | |
Beinkraft haben. | |
Ist es trotzdem möglich, dass weitere behinderte Sportler bei Olympia | |
starten? | |
Für andere Sportarten kann ich das nicht beurteilen. Aber beim | |
Bahnschwimmen ist es nahezu unmöglich. Der Vorteil beim Schwimmen im | |
offenen Wasser ist ja, dass dort viel weniger mit den Beinen gearbeitet | |
wird, weil das bei der langen Distanz einfach zu viel Kraft kosten würde. | |
Deshalb schwimmen alle die meiste Zeit fast nur mit dem Oberkörper. Man hat | |
ja auch gesehen, wie Natalie da sofort abgefallen ist, als die anderen am | |
Schluss doch mit den Beinen beschleunigt haben. | |
Trotzdem hat sie mit dem 16. Platz respektabel abgeschlossen. Haben Sie bei | |
den Paralympics überhaupt eine Chance? | |
Kaum, wie schon in Athen wird Natalie bei den Paralympics sicherlich wieder | |
alles absahnen. Chancen gibt es höchstens beim 50 Meter Freistil. Sie hat | |
sich beim Training sehr auf die Langstrecke konzentriert. | |
Der Behindertensport ist ja nicht erst durch du Toit in den olympischen | |
Blickpunkt geraten. Im Vorfeld gab es große Diskussionen über den Start des | |
südafrikanischen Sprinters Oscar Pistorius, der mit zwei speziellen | |
Unterschenkelprothesen antreten wollte. | |
Ich finde es richtig, dass Pistorius nicht bei Olympia starten durfte, weil | |
ich denke, dass er schon einen Vorteil gehabt hätte. Es ist nun mal ein | |
Hilfsmittel. | |
Aber wie soll er ohne Prothesen laufen? | |
Es ist besser, wenn er gegen Leute mit den gleichen Voraussetzungen | |
antritt. | |
Würden Prothesen beim Schwimmen helfen? | |
Prothesen würde uns eher runterziehen. Flossen würden helfen. Aber dann | |
kann ich auch gleich zum Flossenschwimmen gehen. Grundsätzlich bin ich | |
gegen solche Hilfsmittel, und im Behindertenschwimmen sind sie auch | |
verboten. | |
Wie viel fehlt Ihnen noch bis zur Nichtbehinderten-Weltklasse? | |
An Zeiten von Britta Steffen werden wir nie herankommen, das geht | |
physiologisch nicht. Aber unter einer Minute über 100 Meter Freistil möchte | |
ich schon mal schwimmen. | |
Ist dieses Ziel realistisch? | |
Ich habe erst 2002 mit dem Sport angefangen, trainiere seit knapp einem | |
Jahr als richtige Leistungssportlerin und selbst das mit Pausen. Ich | |
verfüge also noch über reichlich Potenzial. | |
INTERVIEW: JOHN HENNIG | |
21 Aug 2008 | |
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