# taz.de -- Neues Kreativhaus in Kreuzberg: Kreative beleben Moritzplatz | |
> Der Materialgroßhändler Modulor will die frühere Klavierfabrik im | |
> Kreuzberger Bechsteinhaus zum Kreativzentrum umbauen. Der vernachlässigte | |
> Moritzplatz soll wieder zum Kietztreffpunkt werden. | |
Bild: Andreas Krüger vor dem Aufbau Haus am Moritzplatz | |
Der Kreuzberger Moritzplatz ist ein Un-Ort: An einem Kreisverkehr treffen | |
zwei vielbefahrene Straßenachsen aufeinander. Darum gruppieren sich | |
Brachflächen, Billigmärkte und Mietshäuser. Die meisten Berliner nehmen den | |
kriegszerbombten Moritzplatz mit seinen acht U-Bahn-Ausgängen nur als | |
Verbindung zwischen Kreuzberg und Mitte wahr, Anlass zum Verweilen gibt er | |
nicht. Der Kreuzberger Materialgroßhandel Modulor will das ändern und den | |
toten Winkel zwischen Prinzen- und Oranienstraße wieder zu dem machen, was | |
er um 1900 war: Eine belebter Treffpunkt für den Kiez. | |
Modulor will das Bechstein-Haus am südwestlichen Ende des Moritzplatzes vom | |
Liegenschaftsfonds kaufen. In dem 14.000 Quadratmeter großen Gebäude, in | |
dem die Firma Bechstein in den Achtziger Jahren Flügel produzierte, soll | |
ein "Kreativuniversum" entstehen. | |
Den Zuschlag im Rahmen eines Direktvergabeverfahrens hat Modulor bereits in | |
der Tasche, auch die Finanzierung ist gesichert: Eine vermögende Familie, | |
die das Konzept überzeugte, konnte als Käuferin gewonnen werden, sagt | |
Modulor-Geschäftsführer Andreas Krüger. Die Familie, die namentlich nicht | |
genannt werden möchte, finanziert nicht nur den Kaufpreis von sieben | |
Millionen Euro, sondern auch den ökologischen Umbau des Gebäudes für | |
geschätzte acht Millionen. Bis Oktober soll der Vertrag mit dem | |
Liegenschaftsfonds unterschrieben sein, danach muss das Bauvorhaben noch | |
das Abgeordnetenhaus passieren. Der Baubeginn ist für Anfang 2009, die | |
Eröffnung für Ostern 2010 geplant. | |
Ein "Themenhaus für professionelle Kreative". So beschreibt Krüger das | |
Vorhaben seines bisher an der Gneisenaustraße ansässigen Unternehmens, das | |
rund 80 Mitarbeiter beschäftigt. Modulor wird mit seinem von Architekten, | |
Künstlern und Handwerkern gefragten Sortiment an Bastel-, Bau- und | |
Dekomaterial rund vierzig Prozent des Gebäudes belegen. Dazu kommen ein | |
Kurierservice und thematisch passende Gewerbe wie Holz- und | |
Druckwerkstätten, ein Tapeten- und ein Farbenladen. Die Familie wird als | |
Miteigentümerin rund 2.000 Quadratmeter Fläche mit einem Theater, einer | |
Fachbibliothek, Künstlerateliers und einer 24-Stunden-Kita bespielen. | |
"Unser Ziel ist ein rund um die Uhr offenes Haus, das für Einkaufende, | |
Kulturinteressierte und Anwohner gleichermaßen interessant ist", sagt | |
Krüger. | |
Die Anbindung an den Kiez will man mit einer Bar und Graffiti-Wänden | |
schaffen. Außerdem sollen die Nachbarn vom ehrgeizigen Energiekonzept des | |
Hauses profitieren. Ein Fahrradparkhaus soll es geben, in Zusammenarbeit | |
mit einem Ökostromanbieter soll ein eigenes Blockheizkraftwerk Wärme und | |
Strom für die Umgebung erzeugen. Langfristig denken die Kreativen sogar | |
daran, den Moritzplatz zum Versuchsfeld für ein "open | |
space"-Verkehrskonzept zu machen. | |
"Auch scheinbar Unerreichbares ist möglich" ist das Credo der | |
Modulor-Geschäftsführer Andreas Krüger und Christof Struhk. Seit über einem | |
Jahr trommeln die beiden in Bezirksverwaltungen und Ausschüssen für ihr | |
Anliegen: Die kreative Wiederbelebung des Moritzplatzes. Teil ihres Plans: | |
Auf der Brache gegenüber des Bechsteinhauses, auf der von 1913 bis 1945 das | |
erste Wertheim-Warenhaus mit U-Bahnanschluss stand, will der Hamburger | |
Immobilienentwickler "Hamcap" ein Einkaufszentrum errichten. Anstelle der | |
üblichen Filialisten sollen dort hochwertige, inhabergeführte Läden zum | |
Shopping locken. Den Segen des Bezirks hat "Hamcap" bereits. Doch bis zum | |
Bau muss erst ein Bebauungsplan für das Areal abgewartet werden. Dieser | |
sieht unter anderem auch den Einzug einer Musikalienhandlung in den | |
bisherigen Aldi-Markt an der Oranienstraße vor. Der Moritzplatz dürfte | |
schon bald nicht mehr wiederzuerkennen sein. | |
27 Aug 2008 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
Nina Apin | |
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Moritzplatz | |
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