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# taz.de -- Inmitten paradiesischer Landschaft: Symbiose aus Kunst und Klang
> Auf dem Weinerlebnispfad Nußdorf in der Pfalz wird "Moderne Klassik"
> geboten. Die Musik wird von drei Objekten dargestellt: einem Summstein,
> einer Harfe aus Drahtseilen und einem Glockenspiel aus Metallröhren. Dazu
> gibts stets einen guten Tropfen
Bild: Weinrebe in der Pfalz
Ein unglaublich blauer Himmel überwölbt an diesem Tag das Meer von
Weingärten, die sich auf die auf und ab schwingenden Höhen der Haardt
zuschieben. Kleine weiße Wolken treiben langsam von Westen auf die
Rheinebene zu. So weit das Auge blickt: frisches Grün an unzähligen
Rebstöcken. Blicke schweifen über eine weiß aus dunklem Abhang leuchtende
Kapelle, gehen weiter, bleiben an der Villa Ludwigshöhe hängen, suchen und
finden in der Ferne das Hambacher Schloss. Drei Kilometer vor Landau in der
Pfalz liegt der Weinbauort Nußdorf. Das Gelände steigt allmählich an. Hier
ragen dunkle Objekte in den Himmel, eiserne Stelen, ein Turm aus Holz und
Zweigen, naturbelassen. Das lockt, sich zwischen den Weingärten einmal
umsehen.
An der nächsten kleinen Kreuzung eines dieser "Beddongwesche" (das sind
Betonwege auf gut Pfälzisch) dringt fröhliches Geplauder aus einer kleinen
Gruppe - und: "Mögen Sie auch ein Glas Wein?" Das ist Pfälzer Art,
Fröhlichkeit und Freundlichkeit. Im angeregten Gespräch erfahren wir, dies
sei der "Weinerlebnispfad Nußdorf", eine Anlage, die zum verweilenden
Betrachten einladen soll. Aus der Vereinigung "Qualitätsweinbau" - allein
in Nußdorf gehören 36 Winzer dazu - haben sich 16 Betriebe in einem
Förderverein zusammengeschlossen, um einen Weinerlebnispfad aus eigenen,
nicht kommunalen oder staatlichen Mitteln, bisher mit ca. 200.000 Euro, zu
finanzieren.
Etwas Neues sollte diese Wingertwege schmücken, zum Besuch motivieren.
Nicht noch ein Weinlehrpfad, sondern besser eine Symbiose aus Kunst und
Klang und (Wein-)Kultur. Nußdorf, seit je sehr kreativ, war das erste Dorf
in Rheinland-Pfalz, in dem eine kulinarische Weinprobe angeboten wurde, wo
ein "Hochzeitswingert" des Weinguts Theobald Pfaffmann mit Holzskulpturen
"Braut und Bräutigam" zum Kaiserberg-Brunnen lockt. Hochzeitspaare können
hier Patenschaften für Rebstöcke übernehmen, werden zur Traubenlese mit
Musik und Gaumenfreuden eingeladen und mit zwei Flaschen Wein von ihrem
Rebstock belohnt - endlich ein wunderschöner Anlass für eine
Liebeserklärung.
Aber damit nicht genug. Nach einigen Gesprächen zwischen dem Gutsbesitzer
Theobald Pfaffmann, anderen Winzern, dem heimischen Bildhauer Karlheinz
Zwick und einer Agentur war das Konzept abgerundet, das auch Kinder
einbeziehen sollte.
Bei den Besprechungen wurde der zustande gekommene Entwurf nicht immer mit
allgemeiner Begeisterung aufgenommen, bei aller Freiheit für die Künstler
wurde mehr die Richtung Klassik eingefordert. Der dann gefundene Mittelweg
hieß "Moderne Klassik", in dem drei Objekte den "Klang" darstellten: ein
Summstein, eine Harfe aus Drahtseilen und das Glockenspiel aus
verschiedenen Metallröhren in einem überdimensionalen Notenschlüssel.
Weitere renommierte Künstler präsentierten schließlich in diesem Jahr ihre
Arbeiten: Karlheinz Zwick "Kopf hoch", Martin Schöneich "GZ-I-07", Guntram
Prochaska "Nußdorfer Weinengel" und Martin Lorenz "Landschaft, Beet".
Überhaupt Beete - sie sind wunderschön angelegt an den Wegen durch die
Weingärten, mit Steinen eingefasst und mit hellem Kies beschüttet.
An diesen schönen Fleckchen Erde erläutern die 18 beteiligten Winzer die
Philosophie ihres Weinbaus und stellen ihre Rebsorten dar. Am besten, man
genießt den "knackigen" Nußdorfer Riesling stilgerecht auf dem von Andrea
Bauer und Karlheinz Zwick konzipierten Terroirtisch. Hier sind unter Glas
die wichtigsten Löss-, Sand- und Steinschichten zusammengetragen und
beschrieben. Denn nicht nur Rebsorte und Lage, Klima und Kellertechnik
bestimmen die mit allen Sinnen erlebbaren Eigenschaften eines guten Pfälzer
Tropfens, sondern auch die Bodeneigenschaften. Da kitzeln Zitrusfrüchte,
Pfirsich- und Apfelaromen, aber auch der Schiefer, ein erdiger
Nachgeschmack, den Gaumen.
In dieser Weinbergslage (Kaiserberg) bieten sonntags von April bis Oktober
immer andere Winzer des Weinortes Nußdorf inmitten dieser paradiesischen
Landschaft mit ihren weiten Ausblicken einen kühlen Weißen oder einen
opulenten Roten an. Hier kann man einen Thron aus Sandstein besteigen, an
modernen Skulpturen Zwiesprache mit der Natur halten, ihre Oberflächen
ertasten, dem Namen "Ochsenloch" an der gleichnamigen Skulptur nachforschen
oder dem Namen so mancher Winzerfamilie - wie Wambsganß, so der Name des
Vorsitzenden der Qualitätsbauvereinigung.
Da locken der "Lebensturm", die "Himmelsliege" oder die alte Weinpresse.
Kinder haben am Brunnen einen Spielplatz, erproben Harfe und Glockenspiel.
Der Ortsbürgermeister und Vorsitzende des Fördervereins, Rudi Eichhorn,
schaut bereits in die Zukunft und plant mit dem Künstler Zwick ein
weltweites Treffen von Künstlern hier am Weinerlebnispfad des Kaiserbergs,
auf dem nicht nur Rieslinge, sondern auch Burgunder, Spätburgunder und
Auxerroir angebaut werden; wo der Geburtsort der neuen Rebsorte "Kernling"
liegt und wo bis 1971 der Weltrekord des höchsten Öchslegrads (326 Grad)
gehalten wurde.
Was bleibt nach dem Rundgang von knapp zwei Kilometern und bei einem
solchen Erlebnis? Selbstverständlich der kühle Secco "Klangperle", und
damit: "Zum Wohl - die Pfalz!"
30 Aug 2008
## AUTOREN
Ferdinand Fischer
## TAGS
Wein
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