# taz.de -- Militante Gruppe: Ein Brandanschlag vor Gericht | |
> Drei Männer stehen in Moabit vor Gericht, die Mitglieder der "militanten | |
> gruppe" sein sollen. Einziges Indiz: ein versuchter Brandanschlag in | |
> Brandenburg. Strenge Sicherheitsvorkehrungen. | |
Bild: Angeklagte vor Gericht. Ihnen wir vorgeworfen, Mitglied der "militanten g… | |
Den ganzen Vormittag dröhnt die Musik von der Straße in den Gerichtssaal | |
hinauf. Um ihre Solidarität mit den drei Angeklagten Axel H., Florian L. | |
und Oliver R. zu demonstrieren, hat sich eine Gruppe von Männern und Frauen | |
mit einem Lautsprecherwagen und Transparenten vor dem Kriminalgericht | |
Moabit postiert. Die bestimmende Farbe ihrer Kleidung ist Schwarz, die | |
Sprüche radikal. "Linke Politik verteidigen - Solidarität mit allen | |
AntimilitaristInnen", wird auf Flugblättern gefordert. "Jeder ist eine mg", | |
hieß es auf einem Banner mit einem brennenden Militärfahrzeug. | |
"mg" steht für militante Gruppe. Die 36 und 46 Jahre alten drei Angeklagten | |
oben im Gerichtssaal sollen als Mitglieder der "mg" am 31. Juli 2007 in | |
Brandenburg an der Havel versucht haben, drei Lastwagen der Bundeswehr in | |
Brand zu setzen. Davon zumindest ist Bundesanwalt Herbert Diemer überzeugt, | |
der - untermalt von den im Hintergrund wummernden Bässen - nach mehreren | |
vergeblichen Anläufen endlich das Wort erteilt bekommt, um die Anklage zu | |
verlesen. | |
Auch der Angeklagte Axel H. verliest im Gerichtssaal eine Erklärung. Auf | |
der Anklagebank säßen die Falschen, sagt er. Angeklagt gehörten die | |
"Kriegstreiber und Rüstungskonzerne". Widerstand gegen Krieg sei legitim. | |
Sabotage sei ein Teil davon. Nicht nur aus seiner Sicht ist der Prozess ein | |
Politikum. Kein Sachschaden sei entstanden, die Lastwagen hätten nicht mal | |
gebrannt. Der Prozess gehöre vors brandenburgische Amtsgericht, meint auch | |
ein Verteidiger. | |
Tatsächlich geht es der Bundesanwaltschaft um die versuchte Brandstiftung | |
auch nur am Rande. In der Anklageschrift heißt es, die "militante, | |
sozialrevolutionäre und antiimperialistische Gruppe" arbeite "zielgerichtet | |
an der Überwindung des staatlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland". | |
Dazu habe sie zwischen Juni 2001 und Mai 2007 im Raum Berlin 25 | |
Brandanschläge verübt. | |
Den Angeklagten sei zwar nur eine versuchte Brandstiftung nachzuweisen, | |
sagt Diemer in einer Prozesspause. Der "wesentliche Gesichtspunkt" für die | |
Bundesanwälte sei aber, den Angeklagten eine Mitgliedschaft in der "mg" | |
nachzuweisen. Denn es sei davon auszugehen, dass die "mg" es nicht beim | |
bloßen Anzünden von Autos belasse, sondern "zu einem geeigneten Zeitpunkt | |
auch darüber diskutieren wird, Menschen zu töten", so Diemer zu taz. Es | |
werde dazu auch ein Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz geben. | |
Eine Schlappe hat sich die Bundesanwaltschaft schon geholt. Die Angeklagten | |
saßen ein halbes Jahr wegen Terrorismusverdacht nach Paragraph 129a des | |
Strafgesetzbuches in U-Haft. Im November 2007 kamen sie frei. Der | |
Bundesgerichtshof entschied, die "mg" sei nicht als terroristische, sondern | |
als kriminelle Vereinigung einzustufen. | |
Die Stimmung in dem Prozess ist dennoch gereizt. Die Zuschauer müssen durch | |
eine Sicherheitsschleuse im Seiteneingang. Jeder Ausweis wird fotokopiert. | |
Das führt zu Wartezeiten. Den Antrag der Anwälte, die Anordnung | |
zurückzunehmen, lehnt das Gericht ab. | |
Danach hagelt es Anträge auf Verfahrenseinstellung. Ein fairer Prozess sei | |
nicht zu gewährleistet, weil die Bundesanwaltschaft wichtige Akten | |
zurückhalte. So fehlten etwa Observationsberichte. Außerdem werde das | |
Verfahren - entgegen dem Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten - | |
vom Bundesamt für Verfassungsschutz gesteuert. | |
Das Gericht stellt die Entscheidung über die Anträge vorerst zurück. | |
Nächster Prozesstermin ist der 1. Oktober. | |
26 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
Plutonia Plarre | |
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Bundeswehr | |
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