Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Militante Gruppe: "Ein bitterer Nachgeschmack bleibt"
> Auch gegen den Soziologen Andrej Holm wird noch wegen der Mitgliedschaft
> in der "militanten" Gruppe ermittelt. Seine Verhaftung, die Solidarität
> und seine Freilassung hätten auch zu einem "Popularitätsgewinn" geführt.
Bild: Angeklagte vor Gericht. Ihnen wir vorgeworfen, Mitglied der "militanten g…
taz: Herr Holm, heute beginnt der mg-Prozess. Drei Männern wird die
Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach Pararaf 129
vorgeworfen. Mit welchem Ergebnis rechnen Sie?
Andrej Holm: So weit wir das aus der Anklageschrift herauslesen können,
sind die Indizien für diese Anklage sehr dünn. So schätzen das auch die
Anwälte ein.
Sie sprechen von "wir". Der Haftbefehl gegen Sie wurde aufgehoben. Trotzdem
fühlen Sie sich angesprochen?
Ja, denn die Bundesanwaltschaft ermittelt weiter gegen mich und drei
Freunde, die nicht angeklagt sind. Der Prozess jetzt wurde zwar von den
Ermittlungen gegen uns abgekoppelt. Doch die Bundesanwaltschaft hat das
Konstrukt der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung aufrecht
erhalten.
Laut Anklageschrift sind die drei Angeklagten erwischt worden, wie sie am
31. Juli 2007 in der Stadt Brandenburg versucht haben, drei Lkw der
Bundeswehr in Brand zu setzen. Um eine Strafe werden sie nicht herumkommen.
Das kann schon sein. Vom Strafmaß ist das aber ein gewaltiger Unterschied,
ob man wegen versuchter Brandstiftung belangt wird oder als Mitglied einer
kriminellen Vereinigung.
Woher wissen Sie, dass weiterhin gegen Sie ermittelt wird?
Vor allem, weil uns das die Bundesanwaltschaft mitgeteilt hat. Die
Telefonüberwachung geht weiter. Anrufe erreichen mich manchmal erst beim
zweiten oder dritten Versuch. E-Mails brauchen teilweise Tage, bis sie bei
mir ankommen. Immer mal wieder beobachte ich Observationskräfte, die mich
verfolgen.
Wie lange werden diese Ermittlungen Ihrer Ansicht nach andauern?
Es gibt im deutschen Strafrecht keine Möglichkeit, als Beschuldigter selbst
die Einstellung solcher Verfahren einzuklagen. Entsprechend werden solche
Verfahren gerne ausgedehnt. Ich weiß von anderen linken Aktivisten, gegen
die seit acht Jahren ermittelt wird - ohne dass ein konkreter Tatverdacht
vorliegt.
Ihre Verhaftung hat Sie vor einem Jahr auf einen Schlag bekannt gemacht.
Weltweit haben sich bis in internationale Wissenschaftskreise Leute für Sie
eingesetzt. Hat Ihnen die Verhaftung beruflich womöglich genutzt?
Diesen Popularitätsgewinn hat es tatsächlich gegeben. Das betrifft mich als
Person, aber auch die Themen, mit denen ich mich beschäftige.
"Gentrification" scheint das Wort des Jahres zu werden. Wie sich die
Anschuldigungen mittel- oder langfristig auswirken, zum Beispiel bei
Bewerbungssituationen, kann ich im Moment nicht einschätzen. Ich habe
bisher keine Schwierigkeiten gehabt, aber ein bitterer Nachgeschmack
bleibt. Und deswegen ist es mir wichtig, dass es zu einer offiziellen
Einstellung kommt. INTERVIEW: FELIX LEE
26 Sep 2008
## AUTOREN
Felix Lee
## ARTIKEL ZUM THEMA
Militante Gruppe: Ein Brandanschlag vor Gericht
Drei Männer stehen in Moabit vor Gericht, die Mitglieder der "militanten
gruppe" sein sollen. Einziges Indiz: ein versuchter Brandanschlag in
Brandenburg. Strenge Sicherheitsvorkehrungen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.