# taz.de -- Kommentar ungerechtes Uni-System: Die Niederländer machens besser | |
> Studiengebühren sind nicht der entscheidende Faktor, der ein | |
> Hochschulsystem sozial ungerecht macht. | |
Bild: Hier trauen sich Arbeiterkinder seltener hin: Hörsaal einer Universität | |
Studiengebühren sind nicht der entscheidende Faktor, der ein | |
Hochschulsystem sozial ungerecht macht. Ein zentrales Ergebnis der | |
internationalen Vergleichsstudie Eurostudent ist, dass Arbeiterkinder es in | |
anderen Ländern leichter an die Uni schaffen als in Deutschland - egal, ob | |
es dort Studiengebühren gibt oder nicht. Nicht die Gebühren sind das | |
Problem, sondern der Zugang zum und die Rahmenbedingungen im Studium. | |
In Finnland studieren über 70 Prozent der jungen Leute eines | |
Altersjahrgangs, in den Niederlanden über die Hälfte. In beiden Ländern | |
entspricht der Anteil von Studierenden ohne akademischen | |
Familien-Hintergrund ungefähr dem Anteil der Nichtakademiker in der | |
Bevölkerung. Doch während ein Studium in den Niederlanden pro Jahr etwa | |
1.500 Euro kostet, ist es in Finnland umsonst. Dass trotzdem weniger Kinder | |
aus bildungsfernen Milieus abgeschreckt werden als in Deutschland, liegt | |
entscheidend an den Schulen. In Finnland und den Niederlanden lernen die | |
Kinder lange gemeinsam. In Deutschland werden die Weichen gen Hochschule | |
für die meisten Kinder dagegen immer nach dreieinhalb Schuljahren gestellt | |
- bei der Entscheidung, welche weiterführende Schulform sie besuchen. Den | |
Expresszug Richtung Uni, das Gymnasium, nehmen überproportional viele | |
Kinder aus Akademikerfamilien. | |
Nach dem Abi verzichtet dann noch einmal die Hälfte der Arbeiterkinder auf | |
ein Studium. In den Niederlanden und in Finnland macht der Staat die Uni | |
attraktiv: indem er den Studierenden eine Grundsicherung auszahlt. Diese | |
ist für die Studierenden die wichtigste Einkommensquelle. In Deutschland | |
sind das die Eltern. | |
Wenn die große Koalition es ernst meint mit dem Ziel, dass künftig 40 | |
Prozent eines Jahrgangs ein Studium aufnehmen sollten, dann muss der Bund | |
die Rahmenbedingungen verbessern und die Studierenden besser finanzieren. | |
Den Ländern obliegt es, ihr Schulsystem ohne ideologische Verblendung zu | |
reformieren. Und Studiengebühren sind zwar nicht entscheidend, in der | |
jetzigen Situation aber kontraproduktiv. | |
26 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Studium | |
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