# taz.de -- Brandenburger Kommunalwahlen: Linke obenauf: Rote Hochburg in Frank… | |
> In Frankfurt/Oder legt die Linke zu, die CDU sackt deutlich ab. Der | |
> Spitzenkandidat der Linken, eine ehemaliger Stasi-Mitarbeiter, schneidet | |
> besonders gut ab. | |
Bild: Der neue linke OB von Frankfurt/Oder: René Wilke (Linkspartei) | |
Martin Patzelt schweigt. Der Bürgermeister beugt sich über den Tisch in | |
seinem Amtszimmer. Er starrt auf die braune Platte, als stünde da eine | |
Antwort. Wie erklärt er sich die Niederlage seiner CDU in Frankfurt/Oder? | |
"Naja. Hm." Nach einer gefühlten Ewigkeit räuspert er sich. Er müsse | |
vorsichtig sein, damit ihm die Linken nicht gleich wieder einen Strick aus | |
seinen Worten drehen. "Also: Einerseits entspricht der Wahlausgang der | |
politischen Landschaft in dieser Stadt." Patzelt lispelt leicht. | |
"Andererseits verstehe ich die Verluste der CDU trotzdem nicht." | |
Die Linke hat am Sonntag bei den Kommunalwahlen in Frankfurt/Oder 37,4 | |
Prozent geholt, 3 Punkte mehr als im Jahr 2003. Sie ist damit erneut die | |
stärkste Kraft in der Stadt an der Grenze zu Polen. Die CDU kommt nur noch | |
auf 17,7 Prozent, 10 weniger als bei der letzten Wahl. Für Patzelt ist das | |
bitter: 2010 findet die nächste Oberbürgermeisterwahl statt. Solange muss | |
er gegen die gestärkte Linke in der Stadtverordnetenversammlung regieren | |
und sich seine Mehrheiten bei der SPD, der FDP und einem Bürgerbündnis | |
zusammen suchen. Die Linkspartei findet große Zustimmung, die CDU sackt ab | |
- ein bisschen wie in Frankfurt/Oder ist es in ganz Brandenburg: Beobachter | |
sehen die Kommunalwahl als Stimmungstest für die Landtagswahl im Jahr 2009. | |
Hält der Trend zur Linken an, wäre eine rot-rote Koalition in Potsdam nicht | |
mehr unwahrscheinlich. | |
Patzelt findet das übertrieben. "Auf der kommunalen Ebene wird vor allem | |
über Sachthemen und einzelne Personen entschieden", glaubt er. Gerade | |
deshalb trifft ihn das schlechte Ergebnis. "Seit meinem Amtsantritt ist die | |
Arbeitslosigkeit von 24 auf 14 Prozent gesunken", verteidigt er seine | |
Politik. | |
Wenn Patzelt das Ganze soziologisch betrachtet, kann er sich eher einen | |
Reim auf das Wahlergebnis machen, sagt er. Für die meisten Frankfurter habe | |
die Wende das Leben stark verändert, viele hätten eine gebrochene | |
Biographie. "Die sehen sich heute als Verlierer. Und wählen die Linken." | |
Zum Beispiel Axel Henschke. Früher arbeitete er hauptamtlich für die Stasi. | |
Seit Jahren engagiert er sich bei der PDS und ging jetzt als | |
Spitzenkandidat der Linken in die Wahl. 3.134 Frankfurter stimmten für ihn, | |
mehr als für jeden anderen. | |
"3.134", Henschke lässt die Zahl auf der Zunge zergehen. Die Linke habe die | |
richtigen Themen gesetzt, die Armut, den Stadtumbau, sagt er. Trotzdem | |
wirkt er nicht gerade euphorisch. Im grauen Dreiteiler lehnt er in der | |
Geschäftstelle der Partei müde in seinem Stuhl. Auch nach der Wahl wird es | |
für die Linken schwierig, in der Stadtverordnetenversammlung Mehrheiten zu | |
bekommen, weiß er. Mit seiner Vergangenheit geht Henschke offensiv um. | |
Damals habe er aus Überzeugung für die Stasi gearbeitet. "Heute sehe ich, | |
dass es falsch war, einem System zu huldigen, dem wegen seiner | |
Sicherheitsdoktrin Menschen zum Opfer fielen. Mit mir wäre so etwas nicht | |
mehr zu machen." | |
Anderswo würden sie auf Henschke einschlagen. Nicht so in Frankfurt an der | |
Oder. Selbst CDU-Mann Patzelt hält sich mit Attacken zurück. Im Wahlkampf | |
ging es um den Abriss der Plattenbauten, nicht um Henschkes Vergangenheit. | |
Patzelt sagt, er als Außenstehender könne sich kein Urteil darüber | |
erlauben. Bringen würde es ihm wahrscheinlich auch nicht viel: "In | |
Frankfurt ist die Stasi gesellschaftsfähig, da würde ich kein Kapital | |
daraus schlagen können." ANTJE LANG-LENDORFF | |
30 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
Antje Lang-Lendorff | |
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Linkspartei | |
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