# taz.de -- Popkomm: Deutschtürken zu wenig türkisch | |
> Von Mittwoch bis Freitag findet in Berlin die Musikmesse Popkomm statt. | |
> Das Partnerland dieses Jahres ist die Türkei. Unter den 400 Künstlern und | |
> Bands aus 32 Ländern sind in Berlin lebende Deutschtürken allerdings | |
> nicht vertreten | |
Bild: Ein norwegischer Popkomm-Stand auf dem Messegelände | |
Kanunspieler Halil Karaduman und Popsängerin Deniz Seki werden seit Jahren | |
in der Türkei zu Superstars gehypt. Jetzt sollen sie auch den deutschen | |
Musikmarkt erobern. Im Rahmen des Festivalprogramms der Popkomm treten sie | |
in Berlin auf - die Türkei ist in diesem Jahr Partnerland der Berliner | |
Musikmesse. Der Jubel in der deutschtürkischen Gemeinde über das Interesse | |
an türkischer Musik fällt jedoch äußerst verhalten aus. | |
Denn aus ihren Reihen ist im Festivalprogramm kein Name zu finden. "Wir | |
wurden in die Programmplanung nicht einbezogen", sagt Ipek Ipekcioglu, | |
DJane und Eventmanagerin aus Berlin. Auch die Vertreter traditioneller | |
Musik, wie das Türkische Konservatorium, wundern sich, dass niemand mit | |
ihnen über die Popkomm sprechen wollte. "Dabei haben wir hier tolle | |
türkischstämmige Musiker und viele Kontakte in die Türkei", sagt Direktorin | |
Halime Karademirli. | |
Die Organisation der türkischen Popkomm-Konzerte hat zum großen Teil das | |
türkische Kulturministerium übernommen. Dazu wurden Künstler ausgewählt, | |
die in der Türkei bekannt sind und deren Manager den Umsatz auch im Ausland | |
steigern wollen. "Unser Ziel ist, einen neuen Markt für unsere | |
Musikindustrie zu eröffnen", erklärt Denise Pietruschka, zuständig für die | |
Popkomm in der türkischen Botschaft. Die deutschtürkischen Größen wie Ipek | |
oder Rafet el Roman gehören anscheinend nicht dazu. "Das Prinzip der | |
Popkomm ist, direkt mit dem Partnerland zu kooperieren. Türkische Künstler | |
aus der Türkei haben da Vorrang", verteidigt sich Popkomm-Chef Dirk Schade. | |
Außerdem ist es möglich, sich als Band oder Musiker direkt bei der Popkomm | |
zu bewerben. Doch auch über diesen Weg fand kein deutschtürkischer Musiker | |
Eingang in die Festivalplanung. "Wir mussten Prioritäten setzen und können | |
nicht jede Erwartungserhaltung bedienen", sagt Schade. | |
In Berlin leben mehr 200.000 Deutschtürken. Auch hier existiere eine | |
lebendige Musikszene, empört sich DJane Ipekcioglu. Die Künstlerin hat sich | |
auch beworben und organisiert jetzt einen ganzen Abend mit | |
deutsch-türkischer Elektromusik - allerdings erst nach den offiziellen | |
Festivaltagen der Popkomm, am 11. Oktober im Maschinenhaus der | |
Kulturbrauerei. | |
"Wir wollten niemanden vernachlässigen", beschwichtigt | |
Botschaftsmitarbeiterin Denise Pietruschka. Die Promotion deutschtürkischer | |
Musik sei nicht die Aufgabe des türkischen Kulturministeriums. Bei den | |
türkischstämmigen Künstlern schleicht sich aber ein ganz anderer Verdacht | |
ein. "Wir gelten für die Vertreter der Türkei nicht als richtige Türken, | |
weil wir in Deutschland leben", sagt Ipekcioglu. "Das ist nicht neu, dass | |
sie kein Interesse an uns zeigen." Dabei hat sich beispielsweise türkischer | |
Hiphop erst in Deutschland entwickelt, bevor er in der Türkei | |
durchstartete. | |
Ipekcioglu vereint an dem von ihr organisierten Showabend beides: Es treten | |
sowohl Künstler aus der Türkei als auch Deutschtürken aus Berlin auf. "Nur | |
so werden wir herausfinden, in welche Richtung wir gemeinsam gehen können." | |
7 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Elise Landschek | |
## TAGS | |
HipHop | |
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