| # taz.de -- Deutscher Buchpreis für Uwe Tellkamp: Der schreibende Chirurg | |
| > Uwe Tellkamp erhält den Deutschen Buchpreis für seinen schillernden Roman | |
| > "Der Turm", eine Geschichte aus den letzten Tagen der DDR. | |
| Bild: Strahlender Buchpreisgewinner: Uwe Tellkamp mit seinem Roman "Der Turm". | |
| Er war der Favorit. Jetzt hat Uwe Tellkamp den Deutschen Buchpreis | |
| tatsächlich gewonnen - für den gewichtigsten, vielseitigsten und | |
| schillerndsten Roman dieses Herbstes. "Der Turm" schildert die letzten | |
| Jahres der DDR. Aber er ist mehr als ein Wenderoman. Ein versunkenes Land | |
| und die Lebensläufe der Menschen, die in ihm lebten, lässt der Autor | |
| wiederaufleben. Man kann sicher sein, dass sich dieses Buch nun großartig | |
| verkaufen wird. | |
| Uwe Tellkamp ist ein gutes Beispiel für die These, dass man ein Milieu gut | |
| kennen muss, wenn man einen guten Roman darüber schreiben will. Der | |
| Schriftsteller wurde 1968 in Dresden geboren. Vor zwei Jahren | |
| veröffentlichte er den Roman "Der Eisvogel", westdeutsche Professoren | |
| spielten darin eine Rolle und Rechtsradikale auch. Das Buch hatte eine | |
| schwülstige Sprache und war Möchtegernliteratur. | |
| Bei dem neuen Roman ist alles anders. Viele Szenen spielen in einem | |
| Krankenhaus. Uwe Tellkamp schildert sie gekonnt. Bis vor Kurzem hat er | |
| selbst als Unfallchirurg in einem Krankenhaus gearbeitet. | |
| Beeindruckend auch die Episoden, die die Erlebnisse von Christian Hoffmann, | |
| einer der zentralen Figuren, bei der Nationalen Volksarmee beschreiben. | |
| Auch hier, so darf man annehmen, ist autobiografisches Material | |
| verarbeitet. | |
| Und das Dresden der Vorwende- und Wendezeit zeichnet Uwe Tellkamp so exakt, | |
| dass man die Straßen zu sehen, die Geräusche zu hören und die Gerüche zu | |
| riechen meint. "Der Turm" ist ein Roman, der nichts unbeschrieben lässt. | |
| Mit blankem Realismus hat das aber nichts zu tun. Die Freiheit der | |
| literarischen Erfindung behauptet der 40-Jährige auch in vielen Szenen. Uwe | |
| Tellkamp ist ein emphatischer Schriftsteller, der in Kontakt mit der | |
| Tradition schreibt. Das Stichwort Thomas Mann fiel oft in den | |
| Besprechungen, die der im September erschienene Roman bisher erhalten hat. | |
| Tatsächlich lassen sich viele Motive mit diesem Klassiker in Verbindung | |
| bringen. Im Zentrum steht das bildungsbürgerliche Milieu der Bewohner des | |
| Dresdner Turmviertels; es wird in dem Buch viel gelesen und viel Musik | |
| gehört, dabei viel Romantik und Wagner. Eine der schönsten Szenen schildert | |
| die Neueröffnung der Semperoper in Dresden. | |
| Kunst und Kultur ist Tellkamps Figuren lebenswichtig. Aber es wäre ein | |
| Fehler, darin einen reinen Konservatismus zu erkennen. Von der Erzählanlage | |
| her ist das Buch sehr modern, allein schon in den vielfältigen | |
| Erzählperspektiven, die es durchspielt. | |
| Heute lebt Uwe Tellkamp mit Frau und Sohn in Westdeutschland, in | |
| Baden-Württemberg. Bei Lesungen zeigt er sich manchmal selbst überrascht | |
| von dem Interesse, das ihm nun entgegengebracht wird. "Wollen Sie wirklich | |
| alle zu mir?", fragte er in die vollbesetzte Runde hinein, als er kürzlich | |
| im LCB in Berlin auftrat. Sie wollten wirklich alle zu ihm. An solch großes | |
| Interesse wird sich Uwe Tellkamp jetzt gewöhnen müssen. | |
| 14 Oct 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Dirk Knipphals | |
| Dirk Knipphals | |
| ## TAGS | |
| Uwe Tellkamp | |
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