# taz.de -- Ölpreis auf Talfahrt: Opec drosselt Öl-Produktion | |
> Der Preis für das Fass Öl hat sich in drei Monaten mehr als halbiert. Den | |
> Förderländern gehen Milliarden an Einnahmen verloren. Deshalb drosseln | |
> sie die Fördermenge. | |
Bild: Die Opec-Staaten wachen nicht nur über ihre Anlagen, sondern auch über … | |
Das Kartell hat ein Problem. Die Finanzmarktkrise hat den erdölfördernden | |
Staaten der Opec milliardenschwere Einnahmeverluste beschert. Noch im Juli | |
wurden für ein Fass mit 159 Litern Rohöl der Sorte Light Sweet Crude an der | |
Börse 145 US-Dollar bezahlt. Dann begann der Absturz. | |
Am Freitagmorgen lag der Preis bei knapp 68 US-Dollar. Bei 31 Millionen | |
Barrel pro Tag, die die Opec-Staaten offiziell fördern, heißt das: Die | |
Ölrechnung sinkt um 2,4 Milliarden US-Dollar - pro Tag! Das waren keine | |
guten Aussichten für das Treffen der Opec-Staaten am heutigen Freitag. | |
Opec drosselt Förderung | |
Dabei hat sich an den fundamentalen Trends des Ölmarktes, die bislang für | |
den steigenden Preis verantwortlich gemacht wurden, nichts geändert: Die | |
Nachfrage steigt und die Produktionskapazitäten sind begrenzt. | |
Trotzdem sah sich die Opec gezwungen, die Ölproduktion erneut zu drosseln, | |
um ihre Wunschpreis am Markt zu erzielen: Ab November sollen 1,5 Millionen | |
Barrel weniger am Tag gefördert werden. | |
Trotz Rezession bleibt die Nachfrage hoch | |
Rund 87 Millionen Liter Öl verbraucht die Welt zurzeit täglich, Tendenz | |
steigend. Und auch die Finanzkrise wird nicht alle Chinesen, die sich in | |
den vergangen Jahren des wachsenden materiellen Reichtums ein Auto | |
zulegten, wieder auf das Fahrrad bringen. All die neuen Chemiewerke in den | |
Schwellenländern, die Öl als Rohstoff nutzen, werden nicht plötzlich | |
stillgelegt. | |
Öl wird noch einige Jahrzehnte der Schmierstoff für die Weltwirtschaft und | |
Mobilität bleiben. Doch die Finanzmärkte erleben seit einigen Wochen ihre | |
schwerste Krise seit den späten 1920er-Jahren. Das Vertrauen in steigende | |
Kurse und wachsende Volkswirtschaften ist weg. | |
Anleger meiden das Öl - Spekulationsblase platzt | |
Genau davon haben die Spekulanten gelebt, die Öl teuer einkaufen und noch | |
teurer weiterkaufen konnten, weil ja alle von steigender Nachfrage | |
ausgingen. Oder davon zumindest ausgingen, dass alle anderen davon | |
ausgingen. Dabei ist es nicht so, dass dieses Prinzip der | |
Erwartungserwartungen nun ausgedient hat. Diese sich selbst verstärkenden | |
Kräfte haben aber ihre Richtung gewechselt. Die drohende Rezession und die | |
Angst vor weiter fallenden Rohstoffpreisen sorgen für Unruhe, das Kapitals | |
flieht in andere Anlageformen. | |
Zum Beispiel in den US-Dollar und entsprechende Anleihen. Denn offenbar | |
trauen die Anleger der US-Regierung zu, die Krise zu meistern. Zudem gibt | |
es unter US-Investoren offenbar auch eine Art Patriotismus, die in | |
Krisenzeiten mit ihrem Geld eben nicht mehr die Ölproduktion in | |
Saudi-Arabien oder Südamerika finanzieren wollen, sondern die eigene | |
Wirtschaft stützen wollen. Oder sie gehen davon aus, dass alle anderen | |
Patrioten sind und nutzen diesen Trend durch Investitionen in US-Dollar, | |
der gestern deutlich an Wert gewann. | |
Was bedeutet das nun für die Opec? "Die Ölförderländer sind angesichts des | |
rapiden Preisverfalls nervös", sagt Holger Sandte, Leiter Volkswirtschaft | |
bei der WestLB der taz. Derzeit holt die Opec offiziell 31 Millionen Fass | |
Öl täglich aus der Erde. | |
Doch nicht immer halten sich Opec-Mitglieder an die gemeinsam beschlossenen | |
Vorgaben, schließlich kann die Produzenten niemand hindern, mehr Öl zu | |
fördern und zu verkaufen. "Wenn das alle so tun, ist eine Quote nicht viel | |
wert", sagt Sandte. Das macht langfristig zwar die Preise kaputt, sorgt | |
aber kurzfristig dafür, dass die sinkenden Preise nicht ganz so weh tun. | |
Auch die Opec-Staaten sind abhängig vom Öl | |
Denn auch die produzierenden Länder hängen am Erdöltropf, schließlich | |
brechen ihnen bei sinkenden Preisen Einnahmen weg, die sie in ihrem | |
Staatshaushalt eingeplant haben. Die Investmentbank Goldmann Sachs hat | |
errechnet, dass Kartellmitglieder wie Algerien, Angola, Katar und | |
Saudi-Arabien einen Ölpreis von 60 Dollar brauchen, um ihren Haushalt | |
stabil zu halten. Iran und Venezuela brauchten entgegen aller offiziellen | |
Äußerungen sogar 80 bis 100 US-Dollar. | |
Und das sei trotz aller Preisstürze und sinkender Prognosen für die nahe | |
Zukunft durchaus ein realistischer Wert, sagt Jens Hobohm, | |
energiepolitischer Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in | |
Berlin. Zwar erwartet auch er für das laufende und das kommende Jahr eine | |
sinkende Nachfrage. Das werde aber nur ein zeitlich befristeter Effekt | |
sein, die globalen Trends blieben unverändert. | |
Auch bei der WestLB gehen die Experten zunächst von einem Preisrückgang | |
aus, für 2009 rechnet Sandte mit einem Durchschnittspreis von 80 US-Dollar. | |
Wie es danach weitergeht, wagt er aber nicht vorherzusagen. Denn: "Die | |
Märkte sind mitten im Sturm". Und das sei kein guter Zeitpunkt für | |
langfristige Prognosen. | |
24 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Stephan Kosch | |
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Pipeline | |
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