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# taz.de -- Standards für den Öko-Anbau: Der Süden soll kunstdüngen dürfen
> Kleinbauern in Entwicklungsländern könnten das Kunstdüngerverbot im
> Ökolandbau nicht umsetzen, sagt Agrarberater Kotschi. Deshalb will er
> lockerere Regeln. Die Bio-Branche ist dagegen.
Bild: Reisfelder in Asien: Die Tiere fehlen, deshalb sollte mit Kunstdünger ge…
Bioprodukte, die auch mit etwas Kunstdünger hergestellt werden -
"Kleinbauern aus Entwicklungsländern muss man das zumindest vorübergehend
erlauben", sagt Johannes Kotschi. Der Agrarberater forderte bei der
Herbstagung des Spitzenverbandes der deutschen Öko-Lebensmittelbranche
BÖLW, die Regeln für Bio-Produkte aus Staaten des Südens zu lockern. "Die
Richtlinien sollten so verschieden wie die Standortbedingungen sein, damit
mehr Bauern Zugang zum Biomarkt bekommen und so ihr Einkommen steigern
können", sagte das Vorstandsmitglied des Vereins Agrecol, der die
standortgerechte Landnutzung in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa
fördert.
Bisher bestimmen vor allem die Behörden der Europäischen Union und der USA,
welche Regeln Biobauern einhalten müssen: keine chemischen Mittel gegen
Schädlinge und Krankheiten, keine synthetischen Dünger, regelmäßige
Überprüfungen durch staatlich zugelassene Kontrolleure. Diese Gesetze
müssen auch Kleinbauern etwa in Afrika befolgen, wenn sie in die EU oder
die USA exportieren wollen. "Das hat schon etwas Kolonialistisches",
kritisierte Kotschi bei der Tagung am Donnerstag in Berlin.
Manche Bauern in der indonesischen Provinz Nord-Sumatra beispielsweise
könnten seiner Meinung nach auch gar nicht völlig auf Kunstdünger
verzichten. Schließlich fehlten ihnen Tiere, deren Mist als organischer
Dünger zugelassen ist. Die früher üblichen Wasserbüffel wurden durch
Traktoren und Mineraldünger ersetzt. Diese Entwicklung lässt sich nicht so
leicht rückgängig machen. Deshalb hätten zahlreiche Bauerngruppen in der
Region zwar auf Pestizide verzichtet, berichtete der Agrarexperte. Aber sie
setzten nach wie vor Mineraldünger ein - wenn auch weniger als zuvor.
Der Agrarwissenschaftler schlägt deshalb vor, die internationalen
Richtlinien auf Kernpunkte zu beschränken: vor allem auf das Verbot von
Pestiziden und Gentechnik.
"Für mich wäre es kein Problem, dass in Deutschland Bio-Produkte mit
verschiedenen Standards verkauft werden, wenn man das transparent macht",
sagte er der taz. Zudem sollten sich die Entwicklungsländer für ihre
regionalen Märkte flexiblere Regeln geben.
Aber sind niedrigere Bio-Standards nicht schlecht für die Umwelt? "Es ist
besser, den Mineraldünger um die Hälfte zu reduzieren und erst später ganz
auf ihn zu verzichten als die Betriebe von vornerein auszuschließen",
antwortete Kotschi. "Besser ein bisschen Bio als gar kein Bio."
BÖLW-Vorstandschef Felix Prinz zu Löwenstein lehnte hingegen Kotschis
Vorschlag ab. Es gehe nicht darum, jeden Bauern in Entwicklungsländern zum
zertfizierten Ökolandbau zu drängen. "Aber wenn er für den europäischen
Markt produziert, muss er EU-Regeln einhalten", sagte Löwenstein der taz.
"Das kann man sonst keinem Kunden erklären." Die potenziellen Öko-Käufer
wüssten sonst nicht mehr genau, wofür der Begriff Bio stehe.
25 Oct 2008
## AUTOREN
Jost Maurin
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Kommentar Kunstdünger: Gefährliche Ausnahmen
Eine Lockerung des Kunstdüngerverbots im Bioanbau von Entwicklungsländern,
würde den Kleinbauern zwar helfen. Doch es würde die Glaubwürdigkeit des
Biolabels zerstören.
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