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# taz.de -- Jüdisches Museum Rendsburg: Ältestes seiner Art
> Vor 20 Jahren gründete sich in Rendsburg das erste Jüdische Museum
> Deutschlands. In der ehemaligen Synagoge sind jüdisches Leben und Kultur
> dokumentiert.
Bild: Auch Teil der Geschichte: Der in den USA lebendende Rendsburger Jude Frit…
Eine Ziegelwand im Innenhof erinnert an die jüdischen Familien, die in den
1930er Jahren in Rendsburg verfolgt und getötet wurden. Nur noch rund 30
Menschen umfasste die Gemeinde, die in ihrer Blütezeit aus gut 300 Personen
bestand. 1845 bauten sie eine neue Synagoge. Das Gebäude hat den Holocaust
überstanden und beherbergt heute ein Museum - 20 Jahre wird es im November
alt und ist damit nicht nur das nördlichste, sondern auch das älteste
jüdische Museum in Deutschland.
"Heutzutage scheint es so klar zu sein: Eine ehemalige Synagoge wird ein
Kulturhaus oder ein Museum", sagt der heutige Leiter des Hauses, Christian
Walda. "Aber vor 20 Jahren gab es keine Vorbilder, kein Konzept." Wie gut
die Konzepte jüdischer Museen heute sind, ist durchaus eine Streitfrage.
Der Publizist Richard Chaim Schneider schrieb nach der Entscheidung, auch
in München ein solches Haus zu eröffnen, im Tagesspiegel: "Tatsache ist,
dass Jüdische Museen in Deutschland wenig mit Juden, aber viel mit der
Mehrheitsgesellschaft, ihren Vergangenheitsbewältigungsritualen, ihren
dumpfen, zum Teil unbewussten Schuldgefühlen, häufig auch mit Vorurteilen
zu tun haben." Jüdische Museen, die zumeist von Nichtjuden geleitet und
konzipiert werden, würden die "Rückkehr der toten Juden" simulieren.
Christian Walda teilt diese Bedenken, sieht allerdings einen Wandel: "Bei
den älteren Museumsleuten gibt es diesen Rattenschwanz aus schlechtem
Gewissen, die große Frage, wie mit der negativen Geschichte umgegangen
wird. Die jüngere Generation, die sich persönlich nicht mehr haftbar machen
lässt, geht sachlicher ran: Im Mittelpunkt einer Ausstellung stehen die
Dinge, die gezeigt werden."
So auch in Rendsburg, wo nicht nur "jüdisches Leben in alter Zeit" gezeigt
wird, sondern wechselnde Kunstausstellungen einen Überblick über die Werke
moderner und älterer jüdischer Künstler geben. Im Programm waren
Werkschauen von Max Liebermann oder Felix Nussbaum, hinzu kommen
Geschichtsausstellungen zu Einzelthemen, etwa "Diplomaten, die Juden
retteten". Daneben gibt es Unerwartetes, etwa "Liz Taylor by Bob
Willoughby".
Walda ist durchaus stolz auf sein kleines Haus. Bei einer Tagung der Leiter
jüdischer Museen seien die Kollegen "baff" gewesen: "Wir haben ein
Vollprogramm mit Dauerausstellung zu jüdischem Leben und Kultur, eine
Dokumentation, vier Wechselausstellungen pro Jahr und sonstige
Veranstaltungen" - das schafft nicht jedes größere Haus. Konzentrieren will
sich Walda in Zukunft vor allem auf die Arbeit mit Jugendlichen.
Die jüdische Gemeinde in Rendsburg entstand im 17. Jahrhundert, als der
dänische König Christian V. eine Handvoll Städte in Schleswig-Holstein,
darunter Rendsburg, Altona und Friedrichstadt, für Juden öffnete, um
Neubürger zu gewinnen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verließen viele
Familien die norddeutsche Provinz - daher war hier die Zahl der Todesopfer
in den ehemaligen Zentren jüdischer Kultur gering. In der Pogromnacht, die
sich in diesem Jahr zum 70. Mal jährt, brannte auch die Rendsburger
Synagoge, allerdings nur im Inneren.
Es ist Besonderheit, dass das historische Gebäude, die ehemalige Synagoge
mitsamt Frauenempore, dem Ritualbad Mikwe im Keller und benachbarter
Talmud-Thora-Schule erhalten blieb. Das geschah allerdings aus eher
pragmatischen Gründen: "Man wollte in der engen Straße keinen Brand
riskieren, außerdem wollte ein Nachbar das Haus kaufen", sagt Walda. Von
1939 bis in die 80er Jahre hinein wurden im Betsaal Fische geräuchert. Erst
bei der Aufarbeitung der Stadtgeschichte wurde das Gebäude in seiner
eigentlichen Funktion wiederentdeckt und unter Denkmalschutz gestellt. Seit
2003 gehört das Museum, dessen Name "Dr.-Bamberger-Haus" an einen
Rendsburger Arzt und ein Opfer der Nationalsozialisten erinnert, zur
Stiftung schleswig-holsteinischer Landesmuseen.
24 Oct 2008
## AUTOREN
Esther Geisslinger
## TAGS
Shoa
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