# taz.de -- Kommentar Erbschaftssteuer: Schutzpolitik für höhere Mittelschicht | |
> Betriebs-Erben werden in der geplanten Novelle der Erbschaftssteuer zu | |
> stark bevorteilt. Geht es um das Heiligtum Familienbetrieb, spielt | |
> Verteilungsgerechtigkeit keine Rolle mehr. | |
Bild: Erben einfach gemacht: Haus vor Geld. | |
Wer wissen will, wie unsere Gesellschaft tickt, muss sich nur den Streit | |
zwischen Union und SPD um die Erbschaftsteuer anschauen. | |
Familie und Eigenheim sind die wichtigsten Werte. Die Synergie aus beidem | |
ist die vererbte Immobilie, das Haus, das weitergegeben wird von einer | |
Generation zur die nächste. Ganz so, als erfülle das Eigenheim den Wunsch | |
nach Unsterblichkeit. Ähnliches gilt auch für den in der Familie vererbten | |
mittelständischen Betrieb. Die weitergegebene Firma sichert den | |
Unternehmerstatus der Familie. Kein Wunder also, dass das vererbte | |
Eigenheim und der vererbte Betrieb kurz vor der Heiligsprechung stehen. | |
Nur so lässt sich erklären, welche abenteuerlichen Freibeträge die Union | |
bei der Erbrechtsreform durchsetzen will. CSU-Erbrechtsexperte Peter | |
Ramsauer bestätigt einen geforderten Freibetrag von 1,5 Millionen Euro. | |
Häuser bis zu diesem Wert würden dann von der Erbschaftssteuer befreit, | |
sofern Tochter oder Sohn einziehen. 1,5 Millionen, nostalgisch gesprochen: | |
3 Millionen D-Mark. Wenn das die Position ist, auf die sich CSU und CDU | |
geeinigt haben, dann katapultiert sich die Union aus jeglicher | |
Verteilungsdebatte heraus. | |
Dabei ist schon der von der SPD maßgeblich ausgearbeitete Gesetzesvorschlag | |
eine Schutzpolitik für die betuchte Mittelschicht. Schließlich erhöhen sich | |
nach diesem Entwurf die Freibeträge gegenüber dem bisher geltenden Recht | |
für Kinder und Ehegatten bereits erheblich. Und auch die SPD stimmt zu, | |
dass Familienbetriebe zum größten Teil von keiner Erbschaftssteuer belastet | |
werden, wenn der Erbe sie längere Zeit erfolgreich weiterführt und dabei | |
nicht nennenswert Personal abbaut. | |
Es geht in den Gesprächen zwischen Union und SPD in der kommenden Woche | |
zwar vordringlich um das Festsetzen von Freibeträgen und Fristen - die Höhe | |
der verhandelten Summen jedoch signalisieren: Vor den Werten der Familie, | |
des Eigenheims, der Statussicherung hat jede öffentliche Verteilungsdebatte | |
zu verstummen. Und es lässt sich keine Mehrheit ausmachen, die diesen | |
Konsens in Frage stellte. | |
31 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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