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# taz.de -- Neue Vereinigung freie Journalisten: Achtung vor der Arbeit der Fre…
> Viele freie Journalisten fühlen sich schlecht behandelt. Jetzt wollen sie
> kollektiv für bessere Honorare kämpfen - während die Verlage die neue
> Krise verkünden.
Bild: Keine Journalisten zweiter Klasse: Wer fest und wer frei ist, ist meist s…
Die Liste der Zustände, über die sich freie Journalisten ärgern, ist lang.
Als "Bittsteller" werde man von vielen Redaktionen abgestempelt, oder als
"Journalist zweiter Klasse, der es nicht geschafft hat, einen Vertrag
abzubekommen", heißt es bei der neuen Freien-Vereinigung "Freischreiber",
die sich am Wochenende in Berlin gegründet hat.
Unter dem Titel "Schreiben macht arm" protokollierte die Journalistin
Gabriele Bärtels im vergangenen Jahr für die Zeit ihre persönliche Misere:
"Heute ist auch der Tag, an dem wieder ein Text von mir nicht in der
Zeitung steht, der dort schon vor zwei Wochen stehen sollte, wie mir die
Redakteurin versicherte, die ihn mir abkaufte." Und weiter: "Ich darf nicht
böse mit der Redakteurin werden, denn ich bin auf sie angewiesen."
"Freie sind in der Regel gut ausgebildet, aber eher schlecht bezahlt",
lautet auch das das Ergebnis einer Online-Umfrage des Deutschen
Journalisten Verbandes (DJV) unter 2.000 freischaffenden Journalisten, über
den der DJV-eigene Journalist berichtet. Doch die geschätzten 22.500 freien
JournalistInnen in Deutschland sind eine heterogene Masse. Einzelkämpfer,
deren Existenz an redaktionellen Sachzwängen hängen, oder am Gutdünken
einzelner Redakteure.
Nun also hat man sich zusammengetan. "Um eine Lobby für freie Journalisten
aufzubauen", sagt Kai Schächtele, Mitinitiator der Freischreiber. Er selbst
arbeitet gelegentlich als Textchef der Vanity Fair - auf Honorarbasis,
sonst schreibt er Magazingeschichten. Als Absolvent der Münchener
Journalistenschule hat er eine gute Ausbildung und reichlich Kontakte. Von
seiner Arbeit kann er leben.
Viele Freie können das nicht. Neben dem Ärger über Autorenverträge, mit
denen Verlage aus dem Werk ihrer Freien noch für das letzte Onlineportal,
die letzte Datenbank, eine Verwertung herausholen, sieht er auch Bedarf bei
den Freien selbst. "Wenn mehr von uns mit einer professionellen Haltung auf
die Redakteure zugehen, wird das irgendwann dazu führen, dass sich die
Redakteurshaltung ändert."
Aber die Freischreiber wollen nur die Profis, keine Leute, die gelegentlich
mal einen Text veröffentlichen. Auch nicht diejenigen, die sich - oft aus
einer Position wirtschaftlicher Schwäche - von Unternehmen oder Verbänden
einspannen lassen. Werbung und PR sind tabu. Es wird sogar über eine Art
Qualitätssiegel für die Mitglieder nachgedacht. Damit die Redaktionen
wissen, mit wem sie es zu tun haben.
Als Einstiegshürde könnte eine Mitgliedschaft bei der Künstlersozialkasse
dienen, "weil jeder, der in der KSK ist, bereits nachgewiesen hat, dass er
hauptberuflich als Journalist arbeitet". Autoren, die auf Lohnsteuerkarte
arbeiten, so wie viele Mitarbeiter bei ARD und ZDF, wären demnach keine
Freien. Vieles, was Schächtele sagt, klingt wie eine Art Agentur. Ist das
ein Ziel? Ausschließen will er es jedenfalls nicht.
Die Mitglieder müssen nun entscheiden, wohin die Reise geht. An die 900
Interessenten haben sich in den vergangenen Wochen bei den Freischreibern
registriert, darunter viele Multiplikatoren. Hört man sich um in der
Branche, wird schnell klar, dass hier sämtliche Journalistennetzwerke
vertreten sind. Es gibt Ortsgruppen in Hamburg, Köln, München und
Baden-Württemberg. Die Journalistengewerkschaften sind bereits nervös.
Dabei nimmt Schächtele ein Wort wie "Streik" gar nicht in den Mund. "Das
wollen wir auf keinen Fall." Schließlich sieht man sich nicht als
Antagonist der Medienunternehmen. Es fallen Worte wie "Partner" und
"Versachlichung". Hier wächst tatsächlich keine Fundamentalopposition, auch
keine neue Gewerkschaft heran - sondern schon eher ein Unternehmerverband.
Die Freischreiber passen wohl gut in eine Zeit, in der für die Autoren "die
Budgets unter Druck stehen", wie es etwa bei Gruner + Jahr heißt, dem
Hauptauftraggeber von Eva-Maria Schnurr. Seit fünf Jahren hätten sich beim
Hamburger Großverlag (Stern, Brigitte, Geo) die Autorenhonorare nicht
geändert. Die Wissenschaftsjournalistin arbeitet in dem Hamburger
Journalistenbüro "Plan 17", einer Gründung von Abgängern der
Henri-Nannen-Journalistenschule von Gruner + Jahr. Mit der schwachen
Position der Freien sieht Schnurr nicht nur sich, auch die Qualität im
Journalismus in Gefahr.
Auch darüber möchte Kai Schächtele von nun an reden mit den Verlagen, als
Interessenvertretung der Freien. "Dann gehen wir dort hin - etwa zu Gruner
+ Jahr", und sagen: "Wir vertreten 273 freie Autoren, die folgende Probleme
mit Ihren Arbeitsbedingungen haben." Bei dem Hamburger Verlag, der eben
umfassende Sparmaßnahmen bis hin zu Titel-Schließungen angekündigt hat,
hält sich seinerseits das Interesse an Gesprächen mit dem Zusammenschluss
der Freien allerdings in Grenzen. "Ganz sicher werden wir an unserer
bisherigen Praxis nichts ändern", sagt G+J-Sprecher Andreas Knaut: "Wir
treffen individuelle Vereinbarungen mit jedem einzelnen Autor, und das
haben wir auch künftig vor."
Möglicherweise ändert sich an dieser Haltung etwas. Wenn die Freischreiber
bald ein werthaltiges Argument parat haben "Eine Erhebung darüber, wie groß
der redaktionelle Anteil der Freien tatsächlich ist, gehört zu unseren
ersten Zielen", sagt Schächtele.
16 Nov 2008
## AUTOREN
Olaf Sundermeyer
## TAGS
Künstlersozialkasse
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abgespeist.
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