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# taz.de -- Schülerinnen vom Unterricht suspendiert: Verweis wegen Türkischsp…
> In Wiesbaden wurde ein Mädchen einen Tag lang von der Schule verwiesen,
> weil es auf dem Schulhof türkisch redete. So sehen es die Eltern - laut
> der Lehrer war es ganz anders.
Bild: Darüber streitet Wiesbaden: Türkisch in der Schule.
Celaleddin Arslan versteht Deutschland nicht mehr. Noch heute regt er sich
darüber auf, was seiner 12-jährigen Tochter an der
Albrecht-Dürer-Realschule in Wiesbaden passiert ist. "Die Schule darf
Kindern nicht ihre Muttersprache verbieten", sagt er. "Was soll ich meiner
Tochter sagen, wenn sie fragt: Papa, ist es schlimm, dass ich Türkin bin?"
Was den Vater Arslan so empört, ereignete sich am Montag, den 3. November.
Das Mädchen habe mit zwei Freundinnen in der großen Pause ein Gedicht für
den Deutschunterricht auswendig gelernt, erzählt er. Um zu prüfen, ob sie
die Passagen verstanden hätte, unterhielten sich die Mädchen auf Türkisch,
erzählt Arslan. Das hörte eine Lehrerin. Sie befahl die drei zur
Schuldirektorin, die verhängte fürs Türkischsprechen eine harte Strafe: den
Ausschluss vom Unterricht des Tages.
Seit diesem Vorfall ist in Wiesbaden ein Streit entbrannt, ob
Einwandererkinder in der Schule in ihrer Muttersprache reden dürfen - oder
ob Deutsch für alle im Unterricht und in der Pause verpflichtend ist.
Arslan rief beim Schulamt an, erzählte seine Version der Lokalpresse, der
Ausländerbeirat der Stadt schaltete sich ein. "Wenn meine Tochter
zweisprachig aufwächst, hat sie später bessere Chancen. Es ist doch normal,
dass türkische Kinder immer mal wieder türkische Wörter benutzen", sagt
Arslan. Zudem lernten sie besser Deutsch, wenn sie ihre Muttersprache
sicher beherrschten.
Die Debatte über ein Deutsch-Gebot an Schulen wird damit neu aufgelegt:
Anfang 2006 entfachte eine Regelung an der Berliner
Herbert-Hoover-Realschule eine bundesweite Diskussion (siehe Kasten).
Lehrer, Eltern und Schüler hatten sich hier darauf geeinigt, dass sich die
SchülerInnen im Unterricht und in der Pause nur auf Deutsch verständigen
sollten. Der Türkische Bund Berlin (TBB) kritisierte die Deutschpflicht
seinerzeit als "Zwang zur Assimilation".
Auch an der Albrecht-Dürer-Schule, die einen Migrantenanteil von 77 Prozent
hat, gibt es eine Deutschpflicht - allerdings nur im Unterricht. Das haben
die LehrerInnen in einer Konferenz beschlossen. "Wenn so viele
Nationalitäten gemeinsam lernen, schafft nur eine gemeinsame Sprache die
Grundvoraussetzung für Kommunikation", sagt Schulleiterin Anna Marx. Und:
Sie erzählt die Geschichte ganz anders als Vater Arslan.
Eine Verbot der Muttersprache auf dem Schulhof in der Pause gebe es nicht.
Die Mädchen hätten vielmehr im Unterricht gestört und trotz Ermahnungen der
Lehrerin weiter Türkisch gesprochen. Die Lehrerin habe sich persönlich
angegriffen gefühlt, da sie aus Gesten und Mimik der Schülerinnen entnahm,
dass negativ über sie gesprochen wurde, sagt Marx. Auch andere Schüler
hätten sich zuvor über die Mädchen beschwert. "Sie empfanden ihr Verhalten
als Ausgrenzung, Mobbing und Ärgern." Selbst auf einer Elternbeiratssitzung
sei das Thema schon behandelt worden, weil Schüler vermuteten, über sie
werde in einer fremden Sprache gelästert, erklärt Marx. Und betont, sie
habe die Mädchen auch nicht vom Unterricht ausgeschlossen, sondern nur die
Eltern zum Gespräch gebeten.
Es stehen sich also zwei völlig unterschiedliche Versionen gegenüber. War
der Vorfall Diskriminierung oder eine berechtigte Erziehungsmaßnahme? Für
die Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland ist die Sache klar:
Nach der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie stelle ein Verbot
anderer Sprachen in Schulpausen eine Diskriminierung dar, weil fast
ausschließlich Kinder nichtdeutscher Herkunft betroffen sind. Auch Salih
Dogan vom Wiesbadener Ausländerbeirat ist empört: "Die Reduzierung der
Integrationsproblematik nur auf die Sprache ist fatal." Alle Beteiligten
wollen sich jetzt zu einem Gespräch treffen - mit Beteiligung des
Ausländerbeirates.
21 Nov 2008
## AUTOREN
Ulrich Schulte
Ulrich Schulte
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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