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# taz.de -- Klimaschutz als Verkaufsargument I: Das gute Geschäft mit dem Klim…
> Immer mehr Berliner Unternehmen bieten klimaneutrale Produkte an und
> machen für den Kohlendioxidverbrauch eine Ausgleichszahlung - meist an
> Projekte in der Dritten Welt. Ob das sinnvoll ist, hängt vor allem vom
> Siegel oder Zertifikat ab. Doch da haben nicht mal die Experten den
> Überblick.
Bild: Damit die Eisbären nicht errinken, zahlt manch ein Berliner mehr für de…
Das Geschäft mit dem Klima brummt. Immer mehr Unternehmen setzen auf ein
umweltbewusstes Image und werben mit klimaneutralen Produkten vom
Blumenstrauß bis zur Skireise. In Kreuzberg hat mit Foodorama gerade das
erste klimaneutrale Biorestaurant geöffnet. Im Druckhaus Mitte können
Kunden ihre Prospekte klimaneutral drucken lassen. Und das Einhorn Catering
aus Kreuzberg bietet klimaneutrale Bewirtung an. Weltweit hat sich 2007 der
Anteil der freiwilligen Klimakompensationen im Vergleich zum Vorjahr mehr
als verdreifacht. Doch Wolfgang Seidel vom Umweltbundesamt warnt: "Schwarze
Schafe gibt es auch in diesem Markt."
Dabei klingt das Prinzip so überzeugend wie einfach. In Deutschland wird
klimaschädliches Kohlendioxid ausgestoßen, dafür werden die Emissionen in
einem Entwicklungsland durch die Finanzierung eines Ausgleichsprojekts
verhindert. Eine gute Sache, loben die einen. Ablasshandel für Klimasünder,
schimpfen die anderen. Und: Ein großes Problem dabei liegt noch immer in
der Unübersichtlichkeit des Marktes.
"Bis heute fehlt ein verlässliches Qualitätssiegel, das dem Verbraucher die
Seriosität des Anbieters garantiert", sagt Seidel. Einen Überblick über den
gesamten Markt hat auch das Umweltbundesamt nicht. Weder Stiftung Warentest
noch die Berliner Verbraucherzentrale haben sich bisher mit dem Thema
beschäftigt. Dabei ist die Angebotsliste klimaneutraler Produkte in Berlin
lang.
Der Renault-Händler "Olbrich und Söhne" etwa wirbt in seinem Flyer mit dem
Slogan "Klimaneutral Autofahren". Beim Kauf eines Neuwagens schenkt er
seinen Kunden 10.000 "klimaneutrale Kilometer". Bei einem 86 PS starken
Renault Clio kostet ihn das einmalig 30,76 Euro. Neutralisiert wird dafür
angeblich ein Kohlendioxidausstoß von 1.170 Kilo. Als Referenz verweist der
Händler auf die ClimatePartner-Vignette, die verspricht: "Die Umsetzung
klimaneutraler Aktivitäten geschieht durch den Ankauf von ökologisch
hochwertigen Emissionsminderungszertifikaten anerkannter
Klimaschutzprojekte." Welche Projekte konkret unterstützt werden, verrät
erst ein Blick auf die Internetseite des Autohändlers: ein Wasserkraftwerk
in Guatemala und ein Windenergieprojekt in Indien.
Ob die tatsächlich umgesetzt werden, kann auch Autohausbesitzer Lars
Olbrich nicht wirklich garantieren. Er vertraue den Zusagen des Beratungs-
und Abwicklungsbüros ClimatePartner. Eine Reise zu den Projekten nach
Indien und Guatemala sei zwar nicht drin gewesen. "Aber die Referenzen des
Anbieters waren überzeugend."
Auf Investitionen in Klimaschutzprojekte setzt auch das Tempodrom. "Mit
unserem Emissionsrechner können wir den Kohlendioxidausstoß und die
entsprechende Ausgleichszahlung für jede Veranstaltung individuell
berechnen", sagt Pressesprecherin Jessica Paul. "Da wird dann auch die
Anreise mit dem Flugzeug mitberücksichtigt." Noch entscheidender als
Kompensation sei allerdings das Vermeiden. "Unser Haus ist von Grund auf
nachhaltig", sagt Paul. Das Tempodrom beziehe Ökostrom, betreibe Solar- und
Photovoltaikanlagen sowie einen Erdwärme-Tauscher. Der Fuhrpark beschränke
sich auf ein Auto. Und sogar die Urinale seien wasserlos. "So verfolgen wir
einen ganzheitlichen Ansatz."
Für Autohändler Olbrich gehört der Emissionsausstoß zum Job. Trotzdem
möchte er mit seinen klimaneutralen Angeboten etwas für die Umwelt tun.
"Zumindest einen kleinen Beitrag leisten", sagt er. Ein Motiv, mit dem sich
mittlerweile richtig Geld verdienen lässt.
Rund 270 Millionen Dollar wurden 2007 nach Schätzungen der Weltbank im
Bereich der freiwilligen Kohlendioxidkompensationen weltweit umgesetzt.
"Tendenz steigend", sagt Klimaschutzexperte Seidel. Doch der Verbraucher
sollte sich im Klaren sein: "Vermeiden ist immer besser als kompensieren."
9 Dec 2008
## AUTOREN
Anna Sprockhoff
## TAGS
Reisen in Europa
Charlotte Roche
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