Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Italienische Nazi-Opfer: Deutsche geiziger als Berlusconi
> Deutschland sollte die formaljuristische Abwimmelei aufgeben und endlich
> auf die Nazi-Opfer zugehen.
Bild: Konzentrationslager der SS im italienischen Bozen.
Nun geht die Bundesregierung also vor den Internationalen Gerichtshof, um
endlich recht zu bekommen: recht gegen italienische Überlebende und
Nachfahren der Opfer von Wehrmachtsmassakern im Zweiten Weltkrieg, die
ihren Anspruch auf Entschädigung durch Deutschland stur geltend gemacht und
damit vor dem höchsten italienischen Gericht obsiegt haben.
Deutschland glaubte bisher, diese Opfer - wie auch die gut 800.000
italienischen Zwangsarbeiter, die von den Nazis deportiert wurden - simpel
abfertigen zu können. "Staatenimmunität" hieß das formaljuristische
Zauberwort: Es meint, dass Privatbürger nach einem Krieg keine
Entschädigungsansprüche gegen die Regierung eines anderen Staates erheben
können. "Staatenimmunität" heißt auch jetzt wieder das Zauberwort, nachdem
das italienische Kassationsgericht ebendieses Rechtsprinzip in Frage
gestellt hat.
Mag sein, dass Deutschland sich mit seiner juristischen Argumentation
tatsächlich durchsetzt. Auch Italiens Regierung steht schließlich an der
Seite der Bundesregierung - mit gutem Grund. Tatsächlich wären die Folgen
unabsehbar, wenn das Prinzip der Staatenimmunität aufgehoben würde: Auch
Italien müsste Klagen aus Griechenland, vom Balkan oder aus Äthiopien
befürchten, eben aus all jenen Ländern, in denen italienische Soldaten
Kriegsverbrechen begangen haben.
Italien hat aber zugleich vorgemacht, wie alte Konflikte auch ohne Gerichte
zu lösen sind. Vor wenigen Monaten schloss es ein Abkommen mit Libyen,
erkannte seine Schuld für die dort begangenen Kolonialverbrechen ohne Wenn
und Aber an und verpflichtete sich zu hohen Entschädigungszahlungen.
Bezeichnenderweise war dies der einzige politische Akt Silvio Berlusconis,
für den er Beifall von rechts bis linksaußen erhielt.
Auch Deutschland wäre gut beraten, wenn es endlich die Ebene der
formaljuristischen Auseinandersetzung aufgeben würde und die Opfer der
NS-Verbrechen spüren ließe, dass sie mehr sind als lästige Prozessgegner,
die es abzuwimmeln gilt.
28 Dec 2008
## AUTOREN
Michael Braun
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nazi-Opfer sollen leer ausgehen: Klage in Den Haag
Mit einer Klage vor dem Weltgerichtshof will Deutschland Forderungen von
Nazi-Opfern auf Entschädigung stoppen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.