# taz.de -- Kommentar Agrarpolitik: Rückschritt in Person | |
> Ilse Aigner setzt auf Gentechnik - und ist mittlerweile diskursiv wieder | |
> in den Achtzigerjahren angekommen. | |
Bild: Statements voller Konjunktive: Agrarministerin Aigner (2.v.li.). | |
Zu hohe Steuern auf Agrardiesel - der Präsident des deutschen | |
Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, zählt das zu den ganz großen Problemen | |
der deutschen Landwirte. Nun hat er eine prominente Unterstützerin | |
gewonnen: Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Ihre Forderung nach einer | |
solchen Steuersenkung ist ein hübsches Beispiel dafür, wie die junge | |
CSU-Politikerin ihr Amt begreift. | |
Milch- und Fleischpreise will sie durch Exportsubventionen stützen; sie | |
setzt auf Gentechnik; und wenn heute im Verbraucherministerium über eine | |
Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln gesprochen wird, dann sitzt am | |
Tisch vor allem die Lebensmittelindustrie. Aigners Vorgänger und | |
Parteifreund Horst Seehofer hatte in der Sache "Ampel-Kennzeichnung" für | |
Chips, Quark und Co in der für ihn typischen Manier laviert. Im Vergleich | |
zu seiner Nachfolgerin war das wenigstens noch etwas. Denn obwohl er den | |
agrar- und verbraucherpolitischen Aufbruch von Renate Künast politisch | |
stoppte, so hatte er den unterschiedlichen Stimmen auf dem Land doch | |
immerhin auch offiziell Gehör geschenkt. Die Agrarministerin hingegen ist | |
mittlerweile diskursiv wieder in den Achtzigerjahren angekommen: als | |
kabinettspolitischer Arm der Agrarindustrie. | |
Das ist heute noch unerfreulicher als vor dreißig Jahren. Die Stimmen auf | |
dem Land haben sich ausdifferenziert. Der im Ministerium so einflussreiche | |
Bauernverband ist dabei, seine Diskurshoheit im ländlichen Raum einzubüßen. | |
Die traditionell friedlichen Imker proben den Aufstand, Milchbauern und | |
Familienbetriebe sprechen für sich selbst, innerhalb des Bauernverbandes | |
wächst die Opposition. Zudem ist das Umweltthema - wieder - zum Megathema | |
geworden. Auch ein breites Publikum versteht, dass Landwirtschaftspolitik | |
kein Thema für alte Männer in Loden samt ihren Helfershelferinnen ist, | |
sondern, siehe die Hungerkrise im vergangenen Jahr, die Frage nach | |
gerechter Verteilung und nachhaltiger Nutzung von Ressourcen beantworten | |
muss. Ilse Aigner sitzt damit auf einem zentralen Zukunftsthema - und merkt | |
es nicht. | |
3 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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