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# taz.de -- Streit um geistlichen Holocaust-Leugner: Bischof bricht Stab über …
> Der Ton zwischen katholischen Würdenträgern und Politikern wird immer
> schärfer. Der Eichstätter Bischof Hanke ist empört über Merkels Kritik an
> Benedikt XVI. SPD-Chef Müntefering: Papst ist nicht unfehlbar.
Bild: Die Figur des heiligen Willibald steht vor den Türmen des Doms in Eichst…
EICHSTÄTT/MÜNCHEN/BERLIN dpa/ap In der Auseinandersetzung um Holocaust-
Leugnung eines Katholiken hat der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf angegriffen. Es sei
"unbegreiflich und empörend, wenn selbst die deutsche Bundeskanzlerin vom
Papst klare Worte fordert in einem Zusammenhang, in dem gerade Papst
Benedikt es nie an Eindeutigkeit hat fehlen lassen", erklärte Hanke am
Mittwoch in Eichstätt.
Der Münchner CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt warnte Merkel davor, "sich
weiterhin als Lehrmeisterin des Papstes zu gerieren". Zwar müssten
tatsächlich manche Probleme in der Kurie in Rom gelöst werden. "Doch die
Bundeskanzlerin sollte sich lieber darum kümmern, in der Berliner Koalition
verstärkt christliche Grundsätze durchzusetzen, was etwa in der Sozial- und
Familienpolitik, beim Lebensschutz und in der Bioethik mehr als notwendig
ist", schrieb der Münchner CSU-Politiker in einer Mitteilung.
In den Streit um die päpstliche Rehabilitierung des britischen Bischofs und
Holocaust-Leugners Richard Willamson hat sich unterdessen auch
SPD-Parteichef Franz Müntefering eingeschaltet. Müntefering forderte in der
Berliner Zeitung, die Rehabilitierung des britischen Bischofs Richard
Williamson rückgängig zu machen. "Ich halte die Rehabilitierung eines
Bischofs, der den Holocaust leugnet, für inakzeptabel. Das ist ein
schwerer, historischer Fehler, den die Kirche so schnell wie möglich
korrigieren muss", sagte er.
Da helfe es auch nicht, die Dinge klarzustellen, zu erklären oder zu
relativieren, betonte der SPD-Chef und fügte an: "Das muss man korrigieren.
Es muss weiter eine Selbstverständlichkeit sein, dass das Verbrechen des
Holocaust in der Kirche und außerhalb nicht verharmlost wird."
Der SPD-Chef, selbst Mitglied der katholischen Kirche, bezog seine Kritik
ausdrücklich auf die Entscheidung des Papstes zu Williamson: "Was die
Rehabilitierung der anderen drei konservativen Pius-Brüder durch den
Vatikan betrifft: Das ist eine innerkirchliche Angelegenheit, in die ich
mich nicht einmischen möchte", sagte Müntefering.
Müntefering kritisierte den Papst auch persönlich. Auf die Frage, ob
Benedikt dabei sei, seine Rolle als moralische Instanz zu verlieren, sagte
der SPD-Chef: "Er hat gerade deutlich demonstriert, dass auch ein Papst
hier nicht unfehlbar ist. Ich kann der katholischen Kirche hierzulande nur
empfehlen, hier keinen falschen Gehorsam zu zeigen."
Die Kirche seine eine Organisation mit viel gesellschaftlichem Einfluss
rund um den Globus. Da sei es schon schwerwiegend, wenn der Vatikan einen
so umstrittenen Mann rehabilitiere und sich damit dem Verdacht aussetze,
Antisemitismus nicht zu bekämpfen. Einen Austritt aus der Kirche zieht
Müntefering nicht in Erwägung. "Ich gehe nicht", sagte er. "Religion, auch
die katholische, dauert länger als der Papst und dieser unselige ehemalige
Bischof".
Der Vatikan hatte bereits am Dienstagabend Merkels Forderung nach einer
eindeutigen Klarstellung des Papstes nach dessen Rücknahme der
Exkommunikation des britischen Bischofs und Holocaust-Leugners Richard
Williamson zurückgewiesen.
Nach Vorschlag des Tübinger Theologieprofessors Michael Theobald sollte die
Leugnung des Holocausts als Tatbestand ins Kirchliche Gesetzbuch
aufgenommen werden. "Ein Bischof, der den Holocaust leugnet, hat sich aus
der Communio der Kirche selbst verabschiedet; seine Exkommunikation ist
zwangläufig", sagte Theobald der Passauer Neuen Presse. Es sei deshalb die
dringliche Aufgabe der Juristen, eine entsprechende Erweiterung des
Kirchengesetzbuches vorzubereiten.
Der Bruder von Benedikt XVI., Georg Ratziger, hat den Papst gegen die
anhaltend scharfe Kritik in Schutz genommen. "Er braucht keine Verteidigung
von mir. Aber es ärgert mich, wie unvernünftig und schlecht informiert
viele Leute sind, die ihn jetzt angreifen", sagte der Regensburger
Alt-Domkapellmeister der Leipziger Volkszeitung. Die pauschale Kritik am
Papst zeige, wie ungerecht die Gesellschaft sein könne: "Wir sprechen immer
von einer informativen Gesellschaft, in Wahrheit ist sie desinformiert."
Die öffentliche Kritik von Kanzlerin Angela Merkel am Papst habe ihn
persönlich enttäuscht. "Ich habe sie immer als vernünftige Frau gesehen.
Aber vielleicht steht sie momentan auch unter Druck, dass sie sich jetzt so
äußert, wie sie es vernünftigerweise nicht machen würde."
4 Feb 2009
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