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# taz.de -- Holocaust-Debatte: Vatikan verärgert über Papst-Kritik
> Der Vatikan ist über die offene Debatte aus Deutschland am Papst
> entsetzt. Bundestagspräsident Lammert nimmt Papst Benedikt vor der Kritik
> in Schutz: Viele Vorwürfe seien "beinahe bösartig".
Bild: Kommen in Deutschland jetzt alle antikatholischen Ressentiments an die Ob…
HAMBURG afp Der Vatikan ist im Streit um die Wiederaufnahme des
Holocaust-Leugners Richard Williamson über die offene Kritik aus
Deutschland verärgert. Der CDU-Politiker Georg Brunnhuber sagte nach einem
persönlichen Gespräch mit Papst Benedikt XVI. der "Financial Times
Deutschland" vom Donnerstag, der Vatikan sei über die Diskussion in
Deutschland "geradezu entsetzt". Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU)
nahm den Papst in Schutz.
Im Vatikan sei man verwundert über die Debatte in Deutschland, sagte
Brunnhuber, der im Rahmen einer Generalaudienz am Mittwoch in Rom mit dem
Pontifex maximus gesprochen hatte. "Hier unterstellt niemand dem Papst,
dass er antisemitische Äußerungen duldet." Es herrsche der Eindruck, dass
in Deutschland jetzt alle antikatholischen Ressentiments an die Oberfläche
kämen.
Bundestagspräsident Lammert verteidigte Papst Benedikt XVI. gegen die
harsche Kritik aus Kirche und Politik. "Vieles, was dem Papst jetzt
unterstellt wird, ist beinahe bösartig, jedenfalls nicht redlich", sagte
Lammert in einem Interview mit dem Online-Portal des "Hamburger
Abendblatts". Der Fall Williamson sei "keine Lappalie" und dürfe nicht
verniedlicht werden. Es gebe aber inzwischen "eine Art rhetorischen
Überbietungswettbewerb, der "weder gerechtfertigt noch fair, noch in der
Sache hilfreich" sei.
Offenbar sei das Verfahren zur Aufhebung der Exkommunikation abgeschlossen
gewesen, "bevor es diese berüchtigte Regensburger Äußerung von Williamson
überhaupt gab", sagte Lammert. Allerdings hätte dem Vatikan auffallen
müssen, dass sich der Bischof nicht zum ersten Mal in dieser Weise geäußert
habe. "Dass Papst Benedikt XVI. die von ihm getroffene oder gebilligte
Entscheidung persönlich zwei Tage nach Bekanntwerden dieser
Williamson-Äußerung von Regensburg aufrechterhalten und öffentlich
vorgetragen hat, das ist nicht nur mir völlig unverständlich", ergänzte
Lammert. Zweifel an der Position der Katholischen Kirche und des Papstes
halte er jedoch für "völlig unbegründet".
Trotz der Aufforderung des Vatikans, Williamson solle seine Aussagen zum
Holocaust widerrufen, steht Papst Benedikt XVI. nach Ansicht des Leiters
der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Pater Eberhard von
Gemmingen, weiter unter Druck. "Der Papst steht mit dem Rücken zur Wand",
sagte von Gemmingen im Interview mit NDR Kultur. Die bisherigen Schritte
des Vatikan reichten nicht aus. Aus dem Vatikan müsse noch einmal eine
klare, simple Erklärung kommen, forderte er.
Einen Rücktritt des Papstes schloss von Gemmingen grundsätzlich nicht aus:
"So wie ich den Papst kenne hat dieser in seinem Herzen möglicherweise
schon mal gedacht: 'Irgendwann muss ich vielleicht zurücktreten, damit das
Petrusamt gut wahrgenommen wird'." Allerdings werde Benedikt XVI. einen
solchen Schritt nicht unternehmen, nur um einem Problem aus dem Weg zu
gehen. Diese Last werde der Papst seinem Nachfolger nicht aufbürden wollen,
sagte von Gemmingen.
Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" kritisierte die Amtsführung des
Papstes. "Der Papst macht eine unglückliche Figur. Er will das Traumata der
Kirchenspaltung aufheben. Aber er macht das mit sehr schlechten Beratern",
sagte der Sprecher von "Wir sind Kirche", Christian Weisner, der in
Hannover erscheinenden "Neuen Presse" vom Donnerstag. Leider werde immer
deutlicher, dass Benedikt XVI. in seiner Amtszeit einen rückwärts gewandten
Kurs einschlage. Durch die Wiederannäherung an die Piusbruderschaft sei
innerhalb wie außerhalb der Katholischen Kirche ein "Riesenschaden"
entstanden.
5 Feb 2009
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