# taz.de -- Elektroautos: Angst vor dem Akku | |
> Elektromobilität und ihre Tücken: Wann kommt das Elektro-Auto von VW? Und | |
> was passiert dann mit Volkswagen-Mitarbeitern, die heute | |
> Verbrennungsmotoren bauen? Das fragen sich die Arbeitnehmer im Konzern. | |
Bild: Davor zittert die Belegschaft: Elektro-VW "Up". Ein Prototyp wurde bereit… | |
6.200 Mitarbeiter bei VW in Salzgitter produzieren Motoren, 13.000 in | |
Baunatal bei Kassel Kupplungsgetriebe, Tausende in der Zulieferindustrie | |
Nockenwellen und Benzintanks. Was passiert, wenn Europas größter Autobauer | |
eines Tages all das nicht mehr braucht? Was wird aus meinem Arbeitsplatz, | |
fragt Hartmut Meine stellvertretend für die Malocher von Volkswagen und | |
anderswo, wenn das Elektroauto da ist? Wird es in Deutschland gebaut | |
werden? Wie die Zukunft des Automobils aussieht und ob sie Fluch oder | |
Perspektive für den Arbeitnehmer ist, versuchte am Freitag auch der Chef | |
des IG Metall-Bezirks Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bei einer Tagung des | |
Deutschen Gewerkschaftsbunds in Hannover zu ergründen. | |
Das Elektroauto von VW soll "UP" heißen, im Konzern wird daran gearbeitet. | |
Den Stadtverkehr bewältigt der Space Up Blue mit einem Elektro-Motörchen | |
mit 20 Kilowatt und Lithium-Ionen-Akku, bei längeren Strecken und wenns ein | |
bisschen schneller sein darf, schaltet der "Twin Drive" auf einen | |
Verbrennungsmotor oder gar auf Brennstoffzellen um. | |
"Da spart man ein komplettes Getriebe. Da sind unsere Kollegen in Kassel | |
ziemlich erschrocken", sagt Wolfgang Steiger, Chef der Abteilung | |
"Zukunftstechnologien" bei Volkswagen. Gleichzeitig gibt er Entwarnung | |
Richtung Mitarbeiter: Heute kaufe der Konzern Elektroantriebe für seine | |
Kleinserien noch von Zulieferern ein, künftig gehörten sie zur | |
"Kernkompetenz" des Konzerns. "Wir wollen keine Werke plattkloppen", betont | |
Steiger. "Wenn die Stückzahlen hoch genug sind, machen wir das bitteschön | |
selber." | |
Noch ist der Konzern aber längst nicht so weit. Trotz Klimakatastrophe, | |
sinkenden Ressourcen und Abhängigkeit von den politisch instabilen | |
Ölstaaten: "Auch in 30 Jahren wird es noch Verbrennungsmotoren geben", sagt | |
Steiger. Vorerst setzt Volkswagen auf einen Mix aus E-Antrieben, Erdgas und | |
synthetischen Kraftstoffen als Alternative zu Diesel und Benziner. | |
"Die Batterie ist das Herzstück und das Sorgenkind", sagt der | |
Volkswagen-Mann. Die Akkus, mit denen ein Kleinwagen 100 Kilometer weit | |
kommt - derzeit in einem Feldversuch in Berlin im Einsatz - haben allein | |
Produktkosten in Höhe von 20.000 Euro. "Die neue Zink-Luft-Batterie kann | |
man derzeit nur einmal laden", sagt Steiger. | |
Der Großteil der deutschen Batterieindustrie habe die Entwicklung moderner | |
und leistungsfähiger Batterien "völlig verschlafen", ärgert sich der | |
Metaller Meine. Asiatische Unternehmen hätten derzeit einen großen | |
Vorsprung. Toyota verkauft seinen Hybridantrieb seit Jahren. 200 | |
Kilowatt-Antriebe - für den VW-Mann Steiger "nur Show und Power". Aber | |
erfolgreich. | |
Mathias Samson, Experte für Elektromobilität im Bundesumweltministerium, | |
findet, dass die Zeit drängt. Die deutschen Autohersteller müssten bald | |
serienreife, aber auch bezahlbare Produkte auf den Markt bringen: "Sonst | |
baut man in China Billig-Batterien für Billig-Autos." | |
Die Bundesregierung plant derzeit, dass bis 2020 eine Million Fahrzeuge mit | |
Elektroantrieb auf Deutschlands Straßen fahren, 2030 sollen es schon fünf | |
Millionen sein. Vor allem in den Städten kann dann auf fossile Energien | |
verzichtet werden. Fragt sich bloß, wo die E-Kisten gebaut werden: "Es wird | |
zu erheblichen Verlagerungen in der Wertschöpfungskette kommen", warnt | |
Samson. Die Energie, die für die Elektro-Autos nötig ist, soll sämtlich aus | |
erneuerbaren Energien kommen. Derzeit erzeugt ein Fahrzeug mit | |
Elektroantrieb noch 115 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer, da ein Großteil | |
des Stroms aus fossilen Energien gewonnen wird. | |
Samsons Ansatz, um die Akkus günstiger zu machen: Um die Netzstabilität | |
beizubehalten, soll der Strom aus Wind und Sonne nachts in den Akkus der | |
Öko-Autos gespeichert werden. Für den Umweltexperten keine absurde Idee, | |
sondern der Weg, um die Technologie marktfähig zu machen. Samson: "Die | |
Energieversorger werden die Batterien mitzahlen müssen." | |
Mit Sorgen blicken die Deutschen nach China: Dort wird derzeit die | |
Verflüssigung von Steinkohle geplant, weil auch Peking seine Abhängigkeit | |
von den Ölstaaten verringern will. "Dann können wir den globalen | |
Klimaschutz vergessen", sagt Samson. Und: "Das ist einer der Gründe, warum | |
ich morgen nach China fliege." | |
6 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
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