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# taz.de -- Masseneintritt in saarländische Linke: Mobbing gegen linke Betrieb…
> Die Saarbahn GmbH will Betriebsräte kündigen, die Mitarbeiter zum
> Parteieintritt in die Linke gedrängt haben sollen. Doch jetzt geben
> Zeugen Falschaussagen zu.
Bild: Nahm 2008 die umstrittenen Eintrittserklärungen entgegen: Oskar Lafontai…
Das ließ sich der Bundesvorsitzende der Linken und ehemalige
Ministerpräsident des Saarlandes nicht entgehen: Persönlich nahm Oskar
Lafontaine Anfang Juni des vergangenen Jahres die von 220 Bus- und
Bahnfahrern der Saarbahn GmbH unterzeichneten Eintrittserklärungen in die
Linke Saar entgegen. "Wie Weihnachten" sei das, sagte Lafontaine -
schließlich ärgerte sich Saarlands SPD schwarz.
Der Coup hat ein Nachspiel, das bis heute andauert. Denn kurz nach dem
Masseneintritt tauchte ein böser Verdacht auf. Die Geschäftsführung
beschuldigte führende Betriebsräte, Kollegen zum Wechsel gedrängt zu haben.
Passenderweise meldeten sich mehrere Mitarbeiter der Saarbahn GmbH im
September 2008 mit konkreten Vorwürfen zu Wort: Harald Werle, der lokale
Chef der Lokführergewerkschaft GDL, sagte etwa laut Medienberichten, "dass
Jung uns gesagt hat, wenn wir nicht in die Linke eintreten, werden wir im
Betriebsrat nichts mehr zu lachen haben".
Winfried Jung ist der Chef des Betriebsrats der Saarbahn. Er war vor dem
Parteiwechsel langjähriges SPD-Mitglied, jetzt kandidiert er auf Platz zwei
der Kommunalwahlliste der Linken Saarbrücken für den Stadtrat. Zwei andere
Beschäftigte des Unternehmens wollten damals von Jung und seinen Leuten
gleichfalls unter Druck gesetzt worden sein: Sie hätten "Angst um Leib und
Leben" gehabt, zitierten Zeitungen damals den Anwalt der Versorgungs- und
Verkehrsgesellschaft Saarbrücken (VVS), der Muttergesellschaft der
Saarbahn.
Doch jetzt, fast ein halbes Jahr später, nehmen die Ankläger die Vorwürfe
zurück. In einem offenen Brief an die Belegschaft, der der taz vorliegt,
widerrufen GDL-Mann Werle und ein anderer Mitarbeiter ihre Aussagen. Sie
seien von Geschäftsführer Peter Edlinger (CDU) dazu "animiert" worden, Jung
und anderen Betriebsräte in Sachen Massenwechsel zur Linken zu belasten.
Alle Vorwürfe seien "frei erfunden" gewesen, heißt es in dem Papier. Werle,
der plötzlich Lügen eingesteht, hat eine nicht unbedingt
vertrauenerweckende Vergangenheit: Er trat einst als Bundestagskandidat für
die rechtsextreme DVU an.
Auch ein weiterer angeblicher Skandal um die zur Linken gewechselten
Betriebsräte erweist sich als Luftnummer: Jung und andere Betriebsräte
sollten die Kosten für eine private Feier als Betriebsratssitzung
abgerechnet und auf dem Betriebsgelände illegal für die Linke geworben
haben. Das behauptete jedenfalls die VVS-Geschäftsführung. Dabei geht es
wohl um eine Fotoshooting mit Rolf Linsler, dem Landeschef der Linken, für
das Handelsblatt: Linsler mit Lok und Proletariat als Background.
Der Exsozialdemokrat und Ver.di-Chef des Saarlandes nennt die Vorwürfe
"Quatsch". Die Aufnahme sei nicht auf dem Betriebsgelände gemacht worden;
und auch nicht während der Arbeitszeit der Betriebsräte, sagte Linsler der
taz.
Handelte es sich bei den angeblich erpressten Parteiwechseln in
Wirklichkeit um einen Rachefeldzug der Geschäftsführung? Diesen Verdacht
hegt die Linke - die Partei fordert jetzt den Rücktritt der Geschäftsführer
der VVS. Nach einer anonymen Anzeige gegen VVS-Chef Edlinger auch in dieser
Sache hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken inzwischen ein
Ermittlungsverfahren gegen den Topmanager eingeleitet. Der allerdings
bestreitet die Vorwürfe - und behauptet: Die beiden Funktionäre der GDL
hätten ihre Aussagen "freiwillig gemacht".
Die komplizierte Angelegenheit wird derzeit vor dem Arbeitsgericht in
Saarbrücken verhandelt. Denn die Geschäftsführung betrieb zudem die
fristlose Kündigung der Betriebsräte - ein Veto der Arbeitnehmervertretung
verhinderte diese allerdings. Der plötzliche Widerruf der Zeugen der
Geschäftsführung dürfte dem Prozess eine neue Wendung geben.
13 Feb 2009
## AUTOREN
Klaus-Peter Klingelschmitt
## TAGS
Behindertenpolitik
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