# taz.de -- Journalistin über Ökokleidung: "Für jedes T-Shirt sieben Kilo CO… | |
> Vergiftete Böden durch Baumwollanbau, Chemiekeulen zum Färben, | |
> Kinderarbeit zur Herstellung: Journalistin Kirsten Brodde erklärt, warum | |
> Ökokleidung sich lohnt. | |
Bild: "Viele Menschen müssen knochenhart arbeiten, damit wir gut aussehen", er… | |
taz: Frau Brodde, was haben Sie gegen konventionelle Kleidung | |
Kirsten Brodde: Das Drama mit konventioneller Mode fängt schon auf dem | |
Acker an. Baumwolle ist eine hochentwickelte Kulturpflanze, die ständig mit | |
Pestiziden gepäppelt wird. Fast ein Viertel aller Insektizide weltweit | |
werden Jahr für Jahr allein auf Baumwollfelder gesprüht. Im Schnitt | |
verschlingt die Menge Baumwolle, die in einem T-Shirt steckt, rund 150 | |
Gramm Gift. | |
Wem schadet das? | |
In den Anbaunationen vergiften sich Hunderttausende durch Spritzmittel, | |
jährlich sterben daran immerhin 20.000 Menschen. Das schätzt zumindest die | |
Weltgesundheitsorganisation. Auf Recherchereisen in diesen Ländern habe ich | |
gesehen, wie Bauern ohne Mundschutz und Schutzanzug die Ackergifte | |
ausbringen. Die Praxis sieht eben anders aus als die Regeln für die | |
Anwendung der Pestizide. Außerdem werden die Chemikalien auch oft aus den | |
Feldern ausgewaschen und landen übers Grundwasser im Trinkwasser der Leute. | |
Dann kaufen wir eben Biobaumwolle. Reicht das? | |
Das ist ein guter Anfang. Aber das ist nicht genug. Denn um die Stoffe zu | |
veredeln, zu färben und zu bedrucken, werden tausende von Chemikalien | |
eingesetzt. Die Faser eines Kleidungsstücks macht oft nur bis zu 70 Prozent | |
des Gewichts aus, der Rest sind Bleichmittel, Aufheller, Weichmacher und so | |
weiter. | |
Warum sollte mich das interessieren? | |
Sie tragen diese Stoffe direkt auf der Haut. Die Gefahr für die Gesundheit | |
lässt sich schwer einschätzen. Das Freiburger Labor Hydrotox hat einmal 280 | |
synthetische Farbstoffe überprüft - 14 erwiesen sich als erbgutverändernd. | |
Leder wird vor allem mit einer bestimmten Chromsorte haltbar gemacht. Viele | |
Menschen reagieren darauf allergisch. Das gilt auch für zahlreiche | |
schwermetallhaltige Färbemittel. Ähnlich wie die Pestizide gelangen diese | |
Chemikalien in den Produktionsländern ins Trinkwasser der Menschen. | |
Ist konventionelle Kleidung auch ein Problem für das Klima? | |
Da sind zum Beispiel die Pestizide und die Mineraldünger - bei deren | |
Herstellung wird jede Menge Energie verbraucht. Deshalb wird bei der | |
Produktion das Treibhausgas Kohlendioxid ausgestoßen. Allein um ein | |
Damen-T-Shirt herzustellen, werden aus diesem und anderen Gründen 5 bis 7 | |
Kilogramm CO2 fällig. Für ein schweres Herren-T-Shirt sind es sogar 7 bis 9 | |
Kilo. | |
Sie haben viel über die Umwelt und Pestizide geredet. Aber wie steht es | |
eigentlich um die Menschen, die in der Textilindustrie arbeiten? | |
Viele Menschen müssen knochenhart schuften, damit wir gut aussehen können. | |
Die Kleidung wird ja hauptsächlich in Entwicklungsländern produziert, wo | |
die Arbeitsbedingungen teils miserabel sind. Usbekistan zum Beispiel ordnet | |
regelmäßig Kinderarbeit an, um Baumwolle zu ernten. Die Schulen werden | |
einfach geschlossen. In vielen Textilfabriken arbeiten rechtlose | |
Näherinnen, die für Hungerlöhne T-Shirts, Jacken und Hosen schneidern. | |
Manche Kinder werden dafür wie Sklaven verkauft. Das ist einer der Gründe, | |
weshalb die Gewinnspannen im Modegeschäft oft so exorbitant sind. | |
INTERVIEW: JOST MAURIN | |
19 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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