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# taz.de -- Neonazis plündern linke Subkultur: Hardcore-Begriff ist jetzt rech…
> Ein Rechter lässt sich den Begriff einer Musikrichtung markenrechtlich
> schützen, die eigentlich aus dem linken Milieu kommt. Jetzt befürchtet
> die linke Szene eine Klagewelle von rechts.
Bild: Gerne schmücken Neonazis ihre Jacken mit einem Begriff, den sie gar nich…
Niklas Kühn* traute seinen Augen nicht. Vor wenigen Tagen erhielt der
Betreiber eines Onlineshops von einer seiner Lieferfirmen eine Mail mit dem
Hinweis, dass einer seiner Artikel mit dem Schriftzug Hardcore "mit hoher
Wahrscheinlichkeit gegen gewerbliche Schutzrechte oder
Persönlichkeitsrechte Dritter" verstoße. Sollte das Shirt nicht
verschwinden, könnten ihm "erhebliche Abmahnkosten" ab 1.000 Euro aufwärts
drohen, hieß es in dem Schreiben. Kühn ging der Sache nach. Über das
Deutsche Markenregister ermittelte er den Namen, auf den dieser Begriff
seit Januar 2009 eingetragen ist: Timo Schubert. Kühn war entsetzt: "Als
ich im Internet gelesen habe, dass der Typ ein knallharter Nazi ist, bin
ich fast vom Stuhl gefallen."
Hardcore-Musik hat ihren Ursprung eigentlich in der linken Szene. Sie
entstand Ende der 1970er-Jahre in den USA als schnelle und brachiale
Weiterentwicklung von Punkrock und hatte eine eindeutig antirassistische
Ausrichtung. Kultbands wie Minor Threat oder Black Flag haben bis heute
ganze Generationen von Punk- und Hardcore-Bands geprägt. Seit ein paar
Jahren gibt es jedoch auch Neonazi-Bands, die diese Musik spielen,
hinterlegt mit rassistischen und antisemitischen Hasstexten.
Auch Schubert hat die Hardcore-Musik aufgegriffen. Er ist Schlagzeuger der
Rechtsrock-Band "Agitator" und nebenher Betreiber eines rechtsextremen
Versandhauses. Auf seiner Webseite verkauft er neben T-Shirts seiner Band
alles, was das nationale Herz begehrt. Von Kleidung der rechten Marke Erik
& Sons über Sturmhauben bis hin zu Teleskopschlagstöcken und Tränengas.
"Mit der Markeneintragung wollen Neonazis ihren Versuch fortsetzen, linke
Jugendkultur zu vereinnahmen", glaubt Toni Peters vom Antifaschistischen
Pressearchiv und Bildungszentrum. Gleichzeitig gehe es aber auch um ein
rein kommerzielles Interesse. "Die wollen nicht mehr nur mit Rechtsrock
Geld verdienen, sondern auch in der nichtrechten Musikszene kräftig
abkassieren."
Die linke Hardcore-Gemeinde setzt sich zur Wehr. "Ich war überrascht, mit
welchen Mitteln Neonazis inzwischen versuchen, die linke Musikszene zu
schädigen", sagte Joachim Hiller, Chef des Punk- und Hardcore-Magazins Ox.
Hiller hat inzwischen Kontakt zu Plattenfirmen, Konzertagenturen und Bands
aufgenommen, um gegen die Markeneintragung zu klagen.
Dass versucht wird, einen ganzen Musikstil markenrechtlich zu schützen, sei
nicht ungewöhnlich, sagt Anwalt Michael Plüschke, der auf Markenrecht
spezialisiert ist. Jetzt gebe es für die Betroffenen nur zwei
Möglichkeiten: Entweder man beantrage die Löschung des Begriffs im
Markenregister und hofft auf den guten Willen der Behörde, ein "absolutes
Schutzhindernis" für den Begriff geltend zu machen. Oder es findet sich
jemand, der Widerspruch einlegt und beweisen kann, dass er schon lange vor
Schubert T-Shirts mit Aufdruck "Hardcore" verkauft hat.
Das muss allerdings zügig geschehen. Bereits in wenigen Wochen läuft die
Widerspruchsfrist für die Markeneintragung ab. Wird sie nicht eingehalten,
könnte das Wort "Hardcore" erst mal ganz offiziell der Naziszene gehören.
*Name von der Red. geändert
24 Feb 2009
## AUTOREN
Johannes Radke
## TAGS
Post-Punk
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