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# taz.de -- Essen im Forschungslabor: Grenzen der Küche ausprobieren
> Der Koch Ferran Adrià betreibt seit 1984 das Restaurant "elBulli" an der
> Costa Brava. Er wurde durch experimentelle Lebensmittelzubereitung
> bekannt. "Eine sehr komplexe Welt", sagt Adrià, der seine Gäste einfach
> glücklich machen will
Bild: Im elBulli
taz: Wenn ich bei Ihnen essen wollte, auf welchem Platz der
Reservierungsliste würde ich stehen?
Ferran Adrià: Das ist sehr schwierig. Dieses Jahr ist schon voll und man
kann immer nur für das laufende Jahr reservieren. Aber geben Sie nicht auf!
Zur Queen komme ich also leichter?
Kann sein. Aber das gefällt uns natürlich nicht. Es würde mir gefallen,
wenn mehr Leute kommen könnten. Aber es ist eine Frage der Echtheit. Wir
könnten größer werden, zehn elBullis machen, aber das ist nicht, was ich
will. Das wäre nicht aufrichtig. Ich habe das elBulli gemacht, um die
Grenzen der Küche auszuprobieren und um mich zu verwirklichen. Wäre das
anders, wären meine Prinzipien der letzten 25 Jahre dahin. Nein, man muss
sich treu bleiben. Man muss konsequent sein im Leben
Was bezwecken Sie mit Ihrer sogenannten Molekularküche: Ästhetik, Qualität,
Geschmack, Kunst?
Die Molekularküche existiert nicht. Nicht als Konzept. Wichtig ist bei uns
Zubereitung, Technik und Zutaten. Und dieses Zusammenspiel ist ständig im
Fluss. Wir ändern immer wieder, schaffen Neues. Wir wollen Leute glücklich
machen mit etwas Neuem. Deshalb probieren wir aus. Geschmack ist etwas sehr
Subjektives. Ein Menü muss viele unterschiedliche Momente beinhalten. Wir
wollen alle Sinne ansprechen, denn Küche ist eine Sprache. Eine
einzigartige Sprache, die wir immer wieder neu gestalten. Das Einzige, was
wirklich wichtig ist, ist das Erleben und die Gefühle.
Beim Essen von im Mund explodierenden Kügelchen …?
Gut ist, was schmeckt. Einem Deutschen schmeckt Sauerkraut, einem Japaner
vielleicht nicht. Mich nervt, dass immer nur teure Produkte gut sein
sollen: Trüffel, Kaviar. Die sind gut, aber ein Spiegelei ist genauso gut.
Hat Ihre Küche spanische Wurzeln?
Klar, ich bin aus Barcelona. Aber ich bin viel gereist und manchmal kann
ich wie ein Japaner denken. Aber egal was ich mache, meine Referenz ist das
Mittelmeer.
Träume sind Schäume, sagt man in Deutschland. Warum schäumt es bei Ihren
Gerichten so viel?
Zurzeit gibt es nicht viele Schäume. Das haben war eine Zeit lang gemacht.
Dieses Jahr steht das nicht auf dem Programm. Aber alle reden immer noch
davon. Im elBulli ist jedes Jahr alles neu.
Wie kommen Sie auf Ihre Rezepte?
ElBulli ist sehr frei, sehr kreativ, und immer das Gleiche zu machen ist
sehr langweilig.
Sie kombinieren Marshmallows mit Parmesan und Pinienkernen. Ist das Ihr
Beitrag zur Rettung Amerikas?
Die werden uns zuerst retten, zumindest bei der momentanen ökonomischen
Lage in Spanien. Nein, nein. Das ist eine ganz neue Zusammensetzung und hat
eigentlich nichts mit Marshmallows zu tun. Das ist nur der Name. Es ist
eben schwer, die Küche des elBulli zu erklären. Es ist eine sehr komplexe
Welt, und der Ausdruck Molekularküche ist nur eine Vereinfachung.
Also kann ich nichts nachkochen?
Nein. Man kann sicher ein Detail nachkochen. Aber ich koche zu Hause auch
nicht so. Ich habe dort nicht die Ausrüstung und die Köche.
Was essen Sie am liebsten zu Hause?
Guten Fisch.
Ihre Küche gilt als Kunst. Sie waren 2007 auf der Documenta in Kassel. Aber
wie kann man Ihre Kunst konservieren?
Man kann sie nicht konservieren. Das ist ihre magische Eigenschaft. Es wird
nie wieder die gleiche Speise geben. Sie kann ähnlich sein, aber nicht
gleich. Und das ist die Magie. Das Einzige, was man konservieren kann, ist
die Idee.
50 Gäste pro Tag, 40 Köche werden beschäftigt, 26 Mitarbeiter im Service.
Erdrücken Sie nicht die Personalkosten?
Ja, schon lange. Aber das elBulli ist kein Business, kein Restaurant, es
ist fast eine Stiftung, ein Forschungslabor.
Welche Einstellung mögen Sie an Ihren Gästen?
Die Freiheit, sich zu setzen und zu genießen.
Gibt es Beschwerden?
Wenig. Die Leute haben sehr große Anstrengungen unternommen, um zu kommen.
Es gibt sicher Leute, die wissen schon vorher, dass es ihnen nicht
schmeckt. Aber ich glaube, 90 Prozent verlassen das elBulli sehr glücklich.
4 Apr 2009
## AUTOREN
Edith Kresta
Edith Kresta
## TAGS
Reiseland Spanien
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