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# taz.de -- Wahl zum Bundespräsidenten: Es wird eng für Schwan
> Die Freien Wähler kündigen an, Köhler unterstützen zu wollen. Schwan
> hätte nur Chancen, wenn die Linkspartei nach dem ersten Wahlgang Sodann
> aus dem Rennen nehmen.
Bild: Freie Wählerin Pauli unterstützt Schwan - verzichtet aber auf einen Pla…
BERLIN taz | Vielleicht ist am Samstag um halb drei schon alles vorbei.
Dann wird der erste Wahlgang der Bundesversammlung ausgezählt sein, und
dann könnte Amtsinhaber Horst Köhler im ersten Wahlgang die absolute
Mehrheit von 613 Delegierten errungen haben. Dies wird geschehen, wenn der
konservativ-liberale Block geschlossen für Köhler stimmt. Union und FDP
stellen 604 Delegierte, die Freien Wähler aus Bayern 10. Das ist eine
Stimme mehr als die absolute Mehrheit.
Das Votum der Freien Wähler schien lange ungewiss. Vor allem Gabriele Pauli
hatte Spekulationen angefacht, dass die Freien Wähler nicht geschlossen für
Köhler stimmen. Pauli unterstützt offensiv die SPD-Kandidatin Gesine
Schwan, verzichtete aber auf ihren Platz in der Bundesversammlung, damit
die Freien Wähler geschlossen abstimmen können. Der Vizechef der Freien
Wähler, Hubert Aiwanger, verkündete bereits fröhlich: "Wir stehen 10 zu 0
für Köhler." Kurzum: Wenn die Wahlleute von Union, FDP und Freien Wählern
geschlossen für Köhler votieren, wird es eine kurze, klare Wahl.
Gesine Schwans Hoffnung richtet sich darauf, dass die Blöcke in der
Bundesversammlung nie geschlossen abstimmen. Denn die 1.224-köpfige
Versammlung rekrutiert sich zur Hälfte aus den 612 Bundestagabgeordneten,
die andere Hälfte stellen die Bundesländer. Doch die schicken nicht nur
Landtagsabgeordnete nach Berlin, sondern auch unabhängige Persönlichkeiten.
So hat die SPD den Schauspieler Ottfried Fischer und den DGB-Chef Michael
Sommer aufgestellt, die Union die Chefin des Zentralrats der Juden,
Charlotte Knobloch, und die Boxerin Regina Halmich. Vor allem diese
unabhängigen Delegierten neigen dazu, nicht nach Blockraison, sondern nach
persönlichen Vorlieben zu entscheiden. So wählten 2004 etwa ein Dutzend von
der Union und FDP nominierte Wahlleute Schwan - und nicht etwa Köhler. Die
prominenteste "Überläuferin" war 2004 Gloria von Thurn und Taxis. Die Union
hat die Anzahl der unabhängigen Delegierten in ihren Reihen 2009 allerdings
reduziert.
Chancen auf das Amt des Bundespräsidenten hat Schwan nur, wenn Köhler im
ersten Wahlgang weniger als 613 Stimmen erhält und die Linkspartei
erwartungsgemäß ihren Kandidaten, den Schauspieler Peter Sodann, für den
zweiten und dritten Wahlgang zurückzieht. Im dritten Wahlgang reicht die
relative Mehrheit. Die SPD stellt 418 Wahlleute, die Linkspartei 90, die
Grünen haben 95, der Südschleswigsche Wählerverband ist mit einer Wahlfrau
vertreten, hinzu kommt ein fraktionsloser Ex-Linksparteiabgeordneter. Falls
dieser Block von 605 Delegierten geschlossen für Schwan stimmt und noch ein
paar "Überläufer" aus dem Köhler-Lager hinzukommen, kann die SPD-Kandidatin
im dritten Wahlgang zur Bundespräsidentin gewählt werden.
Allerdings ist zweifelhaft, ob alle 605 SPD-Grüne-Linkspartei-Wahlleute für
Schwan stimmen. Die Ost-SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Bahr, Gunter
Weißgerber, Rainer Fornahl und Stephan Hilsberg haben sich skeptisch über
Schwan geäußert. Trotzdem versichert die SPD-Spitze in
Hintergrundgesprächen unermüdlich, dass alle SPD-Abgeordneten für Schwan
votieren werden. Bei den Grünen ist sicher, dass die Abgeordnete Uschi Eid
Köhler wählen wird. Zudem gelten mindestens zwei von den Grünen benannte
Wahlleute mit Migrationshintergrund als Wackelkandidaten. Gerüchten zufolge
haben die Grünen in Baden-Württemberg gezielt unabhängige Wahlleute
aufgestellt, die zu Köhler tendieren.
Bei der Linkspartei sind bis dato keine Abweichler bekannt. Ihre Wahlleute
werden am Freitagabend ihre Strategie festlegen. "Falls es mit Schwan nicht
klappt", hofft ein Spitzen-Genosse, "sind wenigstens wir nicht schuld
dran."
22 May 2009
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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