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# taz.de -- Kommentar Arcandor-Insolvenz: Die Stunde der Sparsamen
> Offenbar gibt es Arbeitsplätze und Arbeitsplätze: gut bezahlte für
> Männer, hinter denen starke Gewerkschaften stehen; und erbärmlich
> bezahlte für Frauen, die keine Lobby haben.
Bild: Die Karstadt-Mitarbeiter müssen weiter um ihre Jobs zittern.
Plötzlich schlägt die Stunde der Sparsamen. Dass die Regierung Arcandor
jegliche Hilfe verweigert, sei ein Gebot der Vernunft, heißt es. Zu hoch
sei das Risiko für die Steuerzahler, zu gering der Nutzen für die
Volkswirtschaft. Sowieso habe Missmanagement, nicht die Finanzkrise die
Misere verursacht. Bei Opel war anscheinend alles ganz anders. Risiken,
Missmanagement? Egal, was zählte, war der Erhalt der Arbeitsplätze -
wenigstens bis nach den Bundestagswahlen im September.
Offenbar gibt es Arbeitsplätze und Arbeitsplätze: gut bezahlte für Männer,
hinter denen starke Gewerkschaften stehen; und erbärmlich bezahlte für
Frauen, oft in Teilzeit oder auf 400-Euro-Basis. Eine Klientel, die weder
für Gewerkschaften noch für Politiker von großem Interesse ist. Sollen die
Frauen doch zu Hause bleiben und ihre Männer arbeiten lassen. Das
Rollenverständnis der 50er-Jahre eben.
Die Regierung hat schnell erkannt, dass die politische Rendite einer
Arcandor-Rettung gering ist. Die öffentliche Meinung hat sich gedreht. Wer
soll das alles bezahlen? Diese Frage bewegt nach all den kostspieligen und
dubiosen Bankenrettungsaktionen die Leute. Außerdem haben wir unsere
Prioritäten: Als stolze Auto-Nation dürfen wir uns die Rettung der
Traditionsmarke Opel schon etwas kosten lassen. Dann aber ist Schluss. Und
plötzlich fällt uns ein, dass hinter einem Konzern wie Arcandor ja reiche
Kapitalisten stehen!
Die Karstadt-Mitarbeiter können sich des Mitleids der meisten Menschen
sicher sein, aber davon können sie sich nichts kaufen. Den Politikern ist
in dieser Situation kaum ein Vorwurf zu machen. Sie schauen lediglich dem
Volk aufs Maul. Schließlich ist Wahlkampf. Und in dem spielen unterbezahlte
Verkäuferinnen leider keine Rolle.
10 Jun 2009
## AUTOREN
Nicola Liebert
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