# taz.de -- Ärzte-Check im Internet: Die AOK sucht den Superdoktor | |
> Die Ärzteschaft läuft Sturm gegen ein Bewertungsportal. Und auch der | |
> oberste Datenschützer Deutschlands hat Bedenken. Wie fair sind | |
> Interneturteile? | |
Bild: Hier schneiden die meisten Ärzte gut ab: Bewertungsportal Jameda. | |
Kann das sein? Alle Allgemeinmediziner in Berlin-Kreuzberg sind spitze. | |
Eine glatte "Eins" für alle kommt heraus, wenn man das Arztbewertungsportal | |
"Jameda" im Internet befragt. Vor diesem Hintergrund verwundert es zunächst | |
etwas, dass die Ärztevertreter gegen die Pläne der AOK, eine | |
Bewertungsplattform für ÄrztInnen einzurichten, Sturm laufen. | |
Das Portal "Arzt-Navigator" hatte AOK-Vizechef Jürgen Graalmann am | |
Wochenende angekündigt. Es soll im Laufe des Jahres starten. Er erwarte | |
einen "Aufschrei der Ärzte", so Graalmann. Und der ertönte am Wochenende | |
prompt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung warnte vor einem "digitalen | |
Ärztepranger". Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, | |
nannte das Verfahren "unseriös". Der im Internet anonym bewertete Arzt habe | |
keine Möglichkeit, "auf Kritik zu reagieren". | |
Dass anonyme Bewertungen missbrauchsanfällig sind, scheint den ÄrztInnen | |
bisher allerdings eher zu nutzen als zu schaden, wenn man sich die Masse | |
der Superdoktoren in Berlin-Kreuzberg bei "Jameda" anschaut. Dass vor allem | |
ÄrztInnen sich hier anonym selbst bewerten könnten, hat ein weiteres | |
Internetportal, "CheckTheDoc", dazu bewogen, die Pforten wieder zu | |
schließen: "Solange dieser Zweifel an der Integrität der Ärzteschaft | |
besteht, kann CheckTheDoc den Service nicht anbieten", heißt es auf der | |
Website. | |
Die AOK allerdings will nicht anonym bewerten lassen, vielmehr sollen sich | |
PatientInnen mit ihrer Kassennummer identifizieren. Dennoch sieht auch der | |
Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar das Vorhaben kritisch: Es bestehe | |
die Gefahr von Kampagnen, mit denen Ärzte "hoch oder runter bewertet" | |
werden könnten, sagte er der ARD. Die zur Beurteilung von Krankenhäusern | |
eingeführten objektiven, qualitätssichernden Urteile wären besser als | |
ungesicherte Meinungsäußerungen. | |
Auch die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (SPD) | |
begrüßte das Instrument zwar grundsätzlich, warnte aber, die Plattform | |
müsse "absolut seriös und wissenschaftlich begleitet organisiert sein". Es | |
müsse sichergestellt sein, "dass keine Diskriminierung oder üble Nachrede | |
betrieben wird". | |
Von einem seriösen Verfahren gehen die Krankenkassen aber ohnehin aus. Die | |
Barmer Ersatzkasse, die das Instrument positiv sieht, erklärte: "Nur wenn | |
Ärzte und Wissenschaftler einen Kriterienkatalog entwerfen, kann das ein | |
sinnvolles Instrument sein." Und TK-Sprecherin Dorothee Meusch sagte: "Die | |
Patientenperspektive in die Qualitätssicherung einzubeziehen, halten wir | |
für sinnvoll." | |
Auch die AOK will ihre Bewertungskriterien mit Medizinern und | |
Wissenschaftlern entwickeln. Da dann mehr als 24 Millionen Mitglieder über | |
Ärzte berichten und befinden können, erwarte man - anders als bei privaten | |
Anbietern -, dass sich ein aussagekräftiges Bild ergebe, so AOK-Vize | |
Graalmann. Vielleicht gäbe es dann ja nicht mehr nur Superdocs in | |
Berlin-Kreuzberg. | |
14 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
Heide Oestreich | |
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Ärzte | |
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