Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Internetsperren: Erst das Gesetz, dann der Protest
> Der Bundestag wird am Donnerstag die Netzsperren beschließen. Die von
> 130.000 Kritikern eingereichte Petition berät das Parlament dagegen erst
> nach der Wahl.
Bild: Im Visier der Internet-Community: Ministerin von der Leyen mit dem geplan…
BERLIN taz | Mehr als 130.000 besorgte Bürger haben jetzt die
Online-Petition gegen Internet-Sperren unterzeichnet. Damit ist sie
inzwischen die größte Online-Petition aller Zeiten. Ihr Ziel wird sie aber
verfehlen. Am Montagabend einigten sich die Koalitionsexperten in allen
noch offenen Punkten. Einer Verabschiedung des Gesetzes am Donnerstag steht
damit nichts mehr im Wege.
Die umstrittene Regelung sieht vor, dass Internetfirmen künftig den Zugang
zu ausländischen Kinderporno-Seiten erschweren müssen. Das
Bundeskriminalamt (BKA) soll täglich eine Liste der zu sperrenden Seiten
zusammenstellen. Wer als Internet-Surfer in Deutschland versucht, eine
gesperrte Seite aufzurufen, wird zu einer erläuternden Stoppseite
weitergeleitet.
Die im AK Zensur zusammengeschlossenen Gegner der Internetsperren
kritisierten umgehend: "Damit ist die Büchse der Pandora geöffnet." Es
werde eine "Internet-Zensur-Infrastruktur" aufgebaut, die für beliebige
Inhalte genutzt werden kann.
In zwei Punkten konnte sich SPD-Unterhändler Martin Dörmann zuletzt noch
durchsetzen. Die Internetsperren werden nicht im Telemediengesetz geregelt,
sondern in einem eigenen "Zugangserschwerungsgesetz". Das soll eine
Ausweitung auf andere Themen als Kinderpornografie psychologisch hemmen.
Außerdem wird das Gesetz auf drei Jahre befristet und müsste dann vom
Bundestag neu beschlossen werden.
Schon vorige Woche war ein Verbot eingefügt worden, die IP-Adressen von
Surfern, die auf Stoppseiten landen, für die Strafverfolgung zu nutzen.
Außerdem will die Koalition ein unabhängiges Kontrollgremium einrichten,
das laufend überprüft, ob wirklich nur Kinderporno-Seiten auf der
Sperrliste landen.
Die fünf Experten des Kontrollgremiums müssen laut Gesetzentwurf vom
Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar berufen werden - obwohl dieser
gestern in der taz protestierte: "Ich kenne mich in der Thematik doch gar
nicht aus." Der Abgeordnete Dörmann hielt trocken dagegen: "Die Aufgaben
des Datenschutzbeauftragten werden vom Gesetzgeber festgelegt." Außerdem
verstehe er die Kritik auch gar nicht. "Das Kontrollgremium dient dem
Schutz der Informationsfreiheit, und das ist eine zentrale Zuständigkeit
von Herrn Schaar." Ein Sprecher des Datenschutzbeauftragten versicherte
inzwischen, dass man gesetzliche Pflichten selbstverständlich erfüllen
werde.
Wenn das Gesetz im Bundestag beschlossen ist, wird es am 10. Juli im
Bundesrat beraten. Es ist nicht zustimmungspflichtig. Auch mit einem
zeitraubenden Einspruch wird nicht gerechnet, da die meisten Kritikpunkte
der Länderkammer inzwischen aufgenommen wurden.
Der AK Zensur hat ein für Mittwoch geplantes Gespräch mit der SPD aus
Enttäuschung abgesagt. Der Blogger Felix von Leitner erklärte die SPD zu
"Verrätern". SPD-Medienexperte Dörmann dankte der Internet-Community
trotzdem: "Ohne deren Druck hätten wir unsere rechtsstaatliche Linie in den
Verhandlungen mit der Union nicht durchsetzen können."
CDU-Verhandlungsführerin Martina Krogmann sah sich nicht als Gegnerin von
Dörmann: "Das Parlament hat den Regierungsentwurf in fast allen Punkten
nachgebessert."
Und was passiert nun mit der Massenpetition gegen Internetsperren? "Die
geht jetzt den normalen Geschäftsgang", sagte am Dienstag ein Mitarbeiter
des Petitionsausschusses zur taz. Erst gebe das zuständige
Wirtschaftsministerium eine Stellungnahme ab, dann berate der Ausschuss,
die Initiatorin der Petition, Franziska Heine, werde eingeladen -
vermutlich aber erst nach der Bundestagswahl.
16 Jun 2009
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.