# taz.de -- US-Trend kommt nach Deutschland: Grüne Action im Web | |
> Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat eine ambitionierte | |
> Internet-Plattform gestartet. Sie soll Aktivisten anlocken, Aktionen | |
> koordinieren und Mitglieder vernetzen. | |
Bild: Die Plattform Greenaction will Greenpeace künftig zur Vernetzung von Mit… | |
Eine gewisse Erleichterung war Claudia Sommer, Web-Managerin bei den | |
Ökoaktivisten von Greenpeace, selbst in ihrem Twitter-Feed anzumerken: „Nun | |
auch mal ein riesiges Dankeschön an alle, die an diesem Projekt | |
mitgearbeitet haben: Juristen, Agentur, Hoster und Beta-Tester“, schrieb | |
sie am Mittwochnachmittag an ihre „Follower“. | |
Was Sommer so gestresst hat, ist der [1][Beta-Start von GreenAction.de], | |
einer neuen Online-Campaigning-Plattform, die Greenpeace künftig zur | |
Vernetzung von Mitgliedern, aber auch zum Anlocken neuer und externer | |
Aktiver nutzen will. Seit Monaten schon basteln die Umweltschützer zusammen | |
mit ihren Internet-Gestaltern schon an dem Projekt. Wirklich los gehen soll | |
es am 1. August, zuvor werden interessierte Nutzer aber bereits in eine | |
offene Testphase hineingelassen. | |
In einem Imagefilm, den es direkt auf der GreenAction-Homepage zu sehen | |
gibt, lockt Greenpeace jene an, die gerne etwas tun würden, derzeit aber | |
noch auf der Couch sitzen, anstatt sich zu treffen „und zu besprechen, was | |
zu tun ist“. Der Höhepunkt des Spots ist der neue Slogan: „Deine Kraft | |
zeigt Wirkung. Greenpeace 2.0“, tönt der Sprecher mit sonorer Stimme. | |
Die Idee von GreenAction ist schnell erklärt: Nutzer können eigene | |
Kampagnen anlegen, andere Nutzer dazu einladen, sich mit wenigen Mausklicks | |
organisieren und auch andere Web 2.0-Dienste und Gemeinschaften einbinden. | |
Das kann etwa ein Klimaflashmob sein, bei dem sich möglichst viele Menschen | |
vor Kundenzentren großer Energiekonzerne treffen und ihrem Ärger über deren | |
Kohlestinker Luft machen, eine Unterschriftenaktion gegen die Patentierung | |
von Leben, oder der Versuch, bis zur Bundestagswahl 100.000 neue | |
Ökostromhaushalte zu werben. | |
Die Registrierung bei GreenAction ist schnell erledigt - die Plattform | |
lässt derzeit auch eine anonyme Nutzung zu, eine gültige E-Mail-Adresse | |
reicht. Bei der Nutzung orientiert sich die Plattform am Aufbau bekannter | |
sozialer Netzwerke: Jeder User kann sich ein Profil gestalten, Postings | |
verfassen, andere Nutzer zu „Freunden“ machen, Gästebücher und Fotoalben | |
nutzen und Nachrichten verschicken und lesen. | |
Wirklich besonders wird die Plattform im Bereich des tatsächlichen | |
Campaignings - hier kann man sich verschiedene Aktionsbereiche von A wie | |
Atomkraft über K wie Klima bis W wie Wälder auswählen. Nutzer können | |
Kampagnen so genannte GreenIt-Sternchen geben, die dann innerhalb der | |
Plattform in einem Ranking angezeigt werden. Zur User-Motivation ist | |
außerdem ein Punktesystem für besonders aktive Nutzer integriert. | |
Web-Managerin Claudia Sommer betont im Gespräch mit taz.de, dass die | |
Plattform tatsächlich nutzbar für alle sei. Wenn etwa eine konkurrierende | |
Organisation wie Robin Wood sie nutzen will, „dann kann sie das tun. Die | |
Umweltbewegung kann nur zusammen etwas erreichen“. Greenpeace habe lange | |
überlegt, wie die Community aufgebaut werden könnte. Eine reine | |
„Brand-Gemeinschaft“ rund um die Marke habe es aber nicht sein sollen. „W… | |
setzen auf Offenheit“, so Sommer. So können Greenpeace-Mitglieder die | |
Plattform nutzen, aber auch jeder andere Interessierte. GreenAction zielt | |
dabei auf eine jüngere Zielgruppe, als andere Greenpeace-Aktionen - das | |
Projekt könnte sich für die Organisation als Nachwuchswerbeinstrument | |
erweisen. | |
GreenAction stößt dabei in eine Lücke vor: Deutsche Campaigning-Plattformen | |
sind bis dato noch rar. So gibt es das auch auf taz.de beworbene | |
[2][Campact.de] mit Aktionen gegen Gen-Mais, Milchdumping oder die | |
Verlängerung der AKW-Laufzeiten, das in jüngster Zeit für Aufmerksamkeit | |
sorgt. Die 2004 gegründete Organisation orientiert sich dabei am liberalen | |
US-Vorbild [3][MoveOn.org] und hat bislang knapp 115.000 registrierte | |
Mitglieder. | |
taz.de selbst mischt mit [4][bewegung.taz.de] seit kurzem ebenfalls im | |
Online-Campaigning-Bereich mit - auf dem Portal können sich politische | |
Gruppen vernetzen und es als Veranstaltungskalender, alternatives | |
Adressbuch, Ideenschmiede und Aktionsportal nutzen. Die Plattform ist als | |
bundesweites und themenübergreifendes Projekt gedacht. „Unser Ziel ist, | |
politisches und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern, Alternativen | |
aufzuzeigen und diese zu vernetzen“, sagen die Macher. | |
Großes Vorbild der Online-Campaigning-Aktivisten bleiben aber die USA. Dort | |
wurden schon im vorletzten Präsidentschaftswahlkampf neutrale | |
Organisations-Websites wie [5][Meetup.org] breit eingesetzt, um | |
beispielsweise Kandidaten zu unterstützen oder politische Ideen bei lokalen | |
Treffen zu bewerben. | |
Über all diesen „Democracy 2.0“-Konzepten thront noch immer Barack Obamas | |
erfolgreicher Einzug ins Weiße Haus, der Politikexperten zufolge auch | |
aufgrund der geschickten Internet-Nutzung gelang. Die Infosammelwut, die | |
das Vernetzungsportal [6][My.BarackObama.com] an den Tag legte, ist hier zu | |
Lande allerdings kaum vorstellbar - bis ins kleinste Detail erfassten die | |
US-Demokraten ihre Wählerzielgruppen, durch Anrufe, Umfragen von Haus zu | |
Haus und Web-Formulare, alles zusammengeführt in einer einzigen Datenbank. | |
16 Jul 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://beta.greenaction.de/ | |
[2] http://www.campact.de/ | |
[3] http://www.moveon.org/ | |
[4] http://bewegung.taz.de/ | |
[5] http://www.meetup.org/ | |
[6] http://my.barackobama.com/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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