# taz.de -- Kinderschutz: Streit um Babyklappe | |
> Der Babyklappen-Betreiber Sternipark wahrt die Anonymität der Mütter. Die | |
> Sozialbehörde will diese Praxis nun überprüfen lassen. | |
Bild: Sternipark-Babyklappe in der Goethestraße: Schauspielerin Mirja du Mont … | |
Ein unabhängiges Jugendinstitut soll überprüfen, ob bei den acht | |
Säuglingen, die in den Jahren 2007 und 2008 in der Babyklappe des Vereins | |
Sternipark abgegeben wurden, "alles mit rechten Dingen zugegangen ist". Das | |
gab Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) gestern bekannt. "Wir wollen, dass | |
den Fällen nachgegangen wird, damit kein Vorwurf im Raume stehen bleibt." | |
Der Streit schwelt seit Ende vergangenen Jahres. Wie in jedem Dezember seit | |
Gründung des Projekts Findelbaby hatte Sternipark 2008 eine Bilanz | |
veröffentlicht und berichtet, dass im abgelaufenen Jahr vier Kinder in der | |
Babyklappe abgegeben wurden, von denen eines adoptiert wurde und drei | |
inzwischen bei ihrer Mutter leben. | |
"Wersich trat daraufhin im Februar an uns heran und verlangte die Adressen | |
der Mütter", berichtet Sternipark-Geschäftsführerin Leila Moysich. "Die | |
können wir nicht herausgeben. Wir haben den Müttern Anonymität | |
zugesichert." | |
Bis zu acht Wochen kümmert sich das Projekt um die Babys. In dieser Zeit | |
werden keine staatlichen Stellen eingeschaltet, so dass die Mütter "relativ | |
unkompliziert zu ihren Kindern zurück können", sagt Moysich. | |
Für den Erfolg dieses Ansatzes sprächen die Zahlen. So war 2008 das sechste | |
Jahr seit Projektstart, in dem in Hamburg kein Neugeborenes tot aufgefunden | |
wurde. Insgesamt gab es in den neun Jahren drei tote Babys. Zum Vergleich: | |
1999 wurden in einem Jahr vier Babys ausgesetzt, zwei davon tot gefunden. | |
Unter dem Eindruck dieser Zustände hatte der damalige rot-grüne Senat | |
zusammen mit Sternipark das Projekt Findelbaby entwickelt. Unter | |
Beteiligung von Innen-, Justiz- und Jugendbehörde wurde ein Vertrag | |
aufgesetzt, in dem für die Mütter eine "Überlegungsfrist von bis zu acht | |
Wochen" eingeräumt wird. | |
Unter der CDU / FDP / Schill-Regierung wurde die finanzielle Zuwendung | |
gestrichen. Ergänzend richtete man an drei Krankenhäusern Babyklappen ein, | |
bei denen die Kinder gleich ans Amt übergeben werden. Doch werden diese | |
"Babyhilfen" wenig genutzt. Bis heute wurden dort sechs Kinder abgegeben, | |
von denen laut Moysich "keines zu seiner Mutter zurück kam". | |
Sollte der Verein Sternipark die Überlegungsfrist für Mütter aufgeben, wäre | |
das "das Ende eines Humanprojektes", schrieb die Juristin Gisela Wild in | |
einem Brief an Senator Wersich. Das war im April. Für August sagte Wersich | |
einen Gesprächstermin zu - und erhöhte schon mal vorab den Druck. Die | |
Behörde prüfe, ob es im Zusammenhang mit Säuglingen aus Babyklappen den | |
"Anfangsverdacht für strafrechtliche Ermittlungen gibt", sagte der | |
CDU-Politiker Mitte Juni vor der Presse. Wild schrieb darauf einen weiteren | |
Brief: Ohne Not habe der Senator damit Sternipark "in der Öffentlichkeit | |
herabgesetzt". | |
Als kurz darauf am 7. Juli der Jugendausschuss zu dem Thema tagte, erklärte | |
Wersich: "Wir haben keinen Hinweis, dass bei Sternipark irgendetwas schief | |
läuft, geschweige denn Kinderhandel stattfindet." Allerdings fehlten | |
Informationen, um der staatlichen Wächteraufgabe nachzukommen. | |
Vor der Sitzung hatte der Verein Sternipark vorgeschlagen, den Notar und | |
Altbürgermeister Henning Voscherau als unabhängigen Vermittler einzusetzen. | |
Ihn würde der Verein die Daten der Mütter einsehen lassen, da er unter | |
Schweigepflicht stehe und eine vertrauenswürdige Person sei. | |
Wersich ging auf diesen Vorschlag nicht ein. Zwei Wochen später | |
unterbreitete der Sozialsenator den Gegenvorschlag, das Deutsche | |
Jugendinstitut in München oder das Deutsche Institut für Jugendhilfe und | |
Familienrecht möge den Fall überprüfen. | |
Für Sternipark-Geschäftsführerin Moysich ist das noch keine Lösung. "Bei | |
einem Institut ist die Verschwiegenheit nicht geHamburg währleistet", sagt | |
sie. Die SPD-Politikerin Carola Veit dagegen sieht ein Einlenken Wersichs, | |
das sie begrüßt. Nötig sei eine Lösung, die den Kinderschutz gewährleiste, | |
aber auch die Akzeptanz bei den Müttern nicht gefährde. "Hier müssen sich | |
alle ein Stück bewegen." | |
17 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Adoption | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
20 Jahre Babyklappe in Hamburg: „Weil sie Leben rettet“ | |
Vor 20 Jahren wurde in Hamburg die erste Babyklappe geöffnet. | |
Sternipark-Leiterin Leila Moysich über niedrigschwellige Hilfe für Mütter | |
in Not. | |
Zehn Jahre Babyklappe: Anonym ins Leben geschickt | |
Vor zehn Jahren öffnete in Hamburg die erste Babyklappe. Zwar gebe es keine | |
ausgesetzten Kinder mehr in der Hansestadt, allerdings trifft das Modell | |
auf scharfe Kritik. | |
Kommentar Babyklappen-Streit: Kontrollieren und bessern | |
Die Art und Weise der Vorwürfe gegen den Findelbaby-Träger hat Züge einer | |
Kampagne. Gefragt wäre aber ein kühler Kopf. |