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# taz.de -- Kommentar Kita-Abschluss: Billiger als Müllmänner
> Wir vertrauen ihnen die Kinder an und nehmen es hin, sie billiger als
> Müllmänner zu entlohnen. Dabei haben sie eine pädagogische Aufgabe und
> müssen entsprechend bezahlt werden.
Ein Tarifabschluss für Erzieherinnen mitten in den Sommerferien? Was sich
wie ein Witz am Strand anhört, ist der bittere Ernst der Tarifpartner - und
ein mittlerer Skandal. Nur weil die halbe Nation in Rimini, den Ammergauer
Alpen oder an der Ostsee besseres zu tun hat, meint man offenbar, dass sie
den windigen Sommerdeal nicht mitbekommt. Aber das ist ein Irrtum. Die
Bürgerinnen und Bürger merken längst, welch gigantischer Widerspruch
zwischen den Sonntagsreden über Bildung und den mickrigen Taten besteht.
Tagaus tagein hören wir, wie enorm wichtig die frühkindliche Bildung für
unsere Kleinen sein soll. Und wie entscheidend für die Wohlfahrt der
Nation. Gerade hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wieder
einmal mächtig auf die Tube gedrückt mit ihrer Forderung, die Qualität von
Kitas müsse deutlich besser werden.
Das ist ja nicht falsch. Jenseits der Schwelle zum 21. Jahrhundert müsste
klar sein, dass das urdeutsche Konzept der Kinderbewahranstalten keine
Chance mehr hat. Nur können die kurzen Lohnstreifen der Erzieherinnen mit
den schönen Worten nicht mithalten. Deutschland träumt mit seinen
Kindergärten vom 21. Jahrhundert - aber es steht tariflich und
programmatisch noch mit beiden Beinen fest im 19. Jahrhundert.
Was heißt das konkret für den getroffenen Kita-Abschluss? Die Erzieherinnen
werden besser bezahlt, ja. Aber das ist nur der längst überfällige Schritt,
der die sechsstelligen Einkommensverluste (auf ein Arbeitsleben als
Erzieherin bezogen) ausgleicht, die beim Übergang vom alten
Bundesangestelltentarif BAT auf die neuen Öffentlichen Diensttarif
entstanden sind. Was weiterhin fehlt ist die finanzielle Anerkennung des
Erzieherinnenberufs als pädagogischer Aufgabe - mit entsprechender
Entlohnung auf Höhe von Grundschullehrerinnen.
Wer glaubt, dass dies allein die Schuld der öffentlichen
Arbeitgeberknauserer ist, der täuscht sich. Auch die Gewerkschaft Verdi hat
nicht den Mumm und die Kraft, das empörende Ungleichgewicht zwischen den
Frauen- und Männerberufen ihrer Mitglieder endlich anzugehen. Deswegen
werden Erzieherinnen schlechter als Müllmänner bezahlt - und deswegen ist
es Verdi-Chef Frank Bsirske nur Recht, dass die hochkomplizierte
Tarifeinigung mitten ins Sommerloch fällt. Ganz nach den Motto: Loch Ness
frisst Kita auf.
27 Jul 2009
## AUTOREN
Christian Füller
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