# taz.de -- Ausstellung: Womit die DDR spielte | |
> Als erstes Museum in den alten Bundesländern zeigt das Museum Geesthacht | |
> Spielzeug aus der DDR. Neben Pittiplatsch und ferngesteuerten Wartburgs | |
> präsentiert die Privatsammlung auch Exportprodukte, die DDR-Kinder nie zu | |
> Gesicht bekamen. | |
Bild: Zum Aufziehen: Die großen Trabis fuhren mit Zweitaktmotor, die Kleinen b… | |
Wie war die DDR denn nun wirklich? Nicht wenige Menschen aus West, und auch | |
aus Ost, stellen sich diese Frage. Viel weiß man inzwischen über die | |
geschichtlichen Ereignisse zwischen Mauerbau und Mauerfall. Und auch die | |
Beschäftigung mit der Stasi-Vergangenheit reicht bis in die Gegenwart | |
hinein. Doch den Lebensalltag der DDR-Bürger, fernab jeglicher Klischees | |
von ausverkauften Südfrüchten und FKK-Stränden, können nur die wenigsten | |
begreifen. | |
Die Wanderausstellung "40 Jahre DDR-Spielzeug" versucht, für diese | |
Unwissenden eine Brücke zu bauen. Sie führt in die Kinderzimmer der kleinen | |
DDR-Bürger. Über 1.000 Exponate hat der Sammler Eric Palitzsch aus dem | |
sächsischen Freital zusammengetragen. Ein Großteil davon steht noch bis zum | |
4. Oktober im Museum Geesthacht. Museumsdirektor Wolf-Rüdiger Busch ist | |
stolz darauf, das einzige westliche Museum zu sein, das die Spielwaren aus | |
dem Osten präsentiert. "Spielzeug ist schließlich Ausdruck einer | |
Gesellschaftskultur", sagt Busch. Er wolle bei den Besuchern etwas | |
anrühren, zur Auseinandersetzung mit der Friedlichen Revolution 1989 | |
anregen. "Spielzeug ist ja zunächst einfach Spielzeug, es kommt darauf an, | |
was daraus gemacht wird." | |
Puppen, Bücher und Rennautos sind demnach nicht bloß Nostalgiestücke, | |
sondern Zeugen der Zeitgeschichte. Fraglich ist, ob Museumsbesucher aus den | |
alten Bundesländern den Alltag von DDR-Kindern in seiner Gesamtheit | |
begreifen. Das leistet die Ausstellung nicht. Dafür aber zeigt sie | |
Typisches und Untypisches aus den Kinderzimmern der Deutschen | |
Demokratischen Republik. Das Sandmännchen darf da natürlich nicht fehlen. | |
Und auch die zweite große Puppe des DDR-Fernsehens, der freche | |
Pittiplatsch, sitzt mit wirrem Haar hinter Glas. | |
Besonders viel Platz räumt die kleine Sonderausstellung dem mechanischen | |
Spielzeug ein. Spielzeugautos mit elektronischer Fernlenkbedienung finden | |
sich gleich mehrfach. Da stehen zwischen den unterschiedlichsten | |
Karosserien ein glänzend roter Wartburg sowie ein auffällig großer | |
Safari-Jeep. Das Gefährt aus den 70er Jahren sollte 250 Mark kosten und | |
benötigte zwölf Batterien, um vorwärts zu kommen. | |
Sammler Eric Palitzsch gibt zu, dass sein Schwerpunkt auf elektronischen | |
Spielwaren liegt. "Trotzdem versuche ich aber, einen Querschnitt des | |
DDR-Spielzeugs zu zeigen", sagt der 36-Jährige. Bereits vor der Wende hat | |
Palitzsch damit begonnen, das Spielzeug seiner Kindheit aufzubewahren. Nach | |
der Wende wurde daraus eine Leidenschaft, die ihn regelmäßig auf Flohmärkte | |
führt. Dort entdeckt er zuweilen auch Produkte "made in GDR", die | |
DDR-Kinder nie zu Gesicht bekamen. | |
Einen ganzen Raum füllt das Spielzeug, das ausschließlich zu Exportzwecken | |
produziert wurde. Alljährlich warb ein Kollektivstand der | |
Spielwarenindustrie auf der Nürnberger Spielzeugmesse mit den preisgünstig | |
hergestellten Produkten. Ungeachtet der wirtschaftlichen Gesellschaftsform | |
eines Landes verkaufte die DDR-Industrie Plastikautos und Holzspielzeug | |
nach Frankreich, Holland oder in die Schweiz. Im Geesthachter Museum bleibt | |
deshalb so mancher Besucher aus den neuen Bundesländern überrascht vor den | |
in der DDR unbekannten Export-Produkten stehen. | |
Bekannter kommt da schon die in einer gemütlichen Sitzecke aufgestapelte | |
Literatur daher. Kreuz und quer liegen dort Bücher und Heftchen, die bis | |
vor 20 Jahren in keinem Kinderzimmer fehlen durften. Darunter die | |
fantastische Geschichte "Es war einmal ein Bu", "Ungarische Volksmärchen" | |
sowie einige Ausgaben der beliebten Heftreihe "Bunte Kiste". Die wirklich | |
bekannten Kinderbücher aber fehlen. Die Abenteuer von Ottokar Domma etwa | |
oder die beliebten Comics der Mosaik-Hefte. | |
Die Medien kommen überhaupt zu kurz in dieser Ausstellung. Denn was viele | |
mit ihrer Kindheit in der DDR verbinden, ist vor allem das Fernsehen. | |
Schließlich sind Sandmännchen und Pittiplatsch nicht als Kuschelpuppen | |
bekannt geworden, sondern als Protagonisten des Kinderfernsehens. Das Bild | |
vom typischen DDR-Kind wird erst komplett, betrachtet man die vielen | |
anderen Berühmtheiten aus der Flimmerkiste. Tschechische Märchen, | |
Trickfilme aus der Sowjetunion und Polen - der Warschauer Pakt war | |
unglaublich produktiv. | |
Westliche Cineasten wundern sich zuweilen über die vielen Defa-Filme, in | |
denen aufmüpfige Kinder zu Helden der Geschichten werden. Ganz im Gegensatz | |
zur erwünschten Angepasstheit der Pioniere, durften Protagonisten wie | |
Alfons Zitterbacke, die dicke Tilla oder Moritz in der Litfaßsäule lügen, | |
prügeln und die Schule schwänzen. Dieses spannende Thema greift die | |
Geesthachter Ausstellung leider nicht auf. | |
Dafür nimmt sie das Militärspielzeug unter die Lupe. Das war von den | |
Spielteppichen nicht wegzudenken - trotz des Gebotes der Jungpioniere, den | |
Frieden zu lieben. Zusammen mit zwölf anderen Ländern unterzeichnete die | |
DDR 1959 zwar eine Vereinbarung, kein Kriegsspielzeug herzustellen. Von der | |
Wirklichkeit zeugen aber die Plastik-Soldaten und -Panzer. Sogar ein | |
Raketenträger ist ausgestellt, der nicht nur fährt, sondern sogar seine | |
Rakete starten kann. | |
Doch gab es Kriegsspielzeug hüben wie drüben. Eigentlich, so lernt der | |
Besucher in Geesthacht, unterschieden sich die Kinderzimmer links und | |
rechts von der Grenze kaum voneinander. In beiden Staaten spielten Mädchen | |
am liebsten mit Puppen und Jungs mit ferngesteuerten Autos. | |
14 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Uta Gensichen | |
Uta Gensichen | |
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Bundeswehr | |
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