| # taz.de -- CIA-Report veröffentlicht: Foltern für die Sicherheit | |
| > Die Veröffentlichung des CIA-Reports hat für Aufregung gesorgt. Beamte | |
| > sollen bei Verhören stärker gefoltert haben, als von der Bush-Regierung | |
| > toleriert. Ein Sonderermittler wurde eingesetzt. | |
| Bild: Geht es nach US-Justizminister Eric Holder, soll beim CIA mehr als nur ob… | |
| WASHINGTON taz | Was viele Kritiker der Regierung von US-Präsident George | |
| W. Bush vermutet haben, liegt nun greifbar, auf 154 Seiten dokumentiert, | |
| auf dem Tisch: Mutmaßlichen Terroristen wurde angedroht, dass ihre Kinder | |
| umgebracht oder ihre Mütter missbraucht würden. | |
| Dass CIA-Mitarbeiter in der Vergangenheit Gefangene des US-Geheimdienstes | |
| mit Einverständnis des US-Justizministeriums mißhandelt und gefoltert | |
| haben, das konnte längst an Einzelfällen bewiesen werden. Wie der am Montag | |
| in Washington veröffentlichte CIA-Report aus dem Jahr 2004 jedoch zeigt, | |
| gingen die Verhörer dabei weiter, als ihnen selbst das Justizministerium in | |
| Bushs Amtszeit genehmigt hatte. | |
| Der lange unter Verschluss gehaltene Bericht kritisiert dies scharf. Die | |
| CIA habe "nicht erlaubte" und "inhumane" Praktiken bei mutmaßlichen | |
| Top-Terroristen angewandt, heißt es in dem Bericht, der der | |
| US-Öffentlichkeit vollständig zugänglich gemacht wurde. Justizminister Eric | |
| Holder kündigte zudem am Montag an, dass ein US-Sonderstaatsanwalt die | |
| Foltervorwürfe gegen die CIA sowie gegen Mitarbeiter einiger privater | |
| US-Sicherheitsfirmen, darunter Blackwater, die für die US-Regierung | |
| arbeiteten, untersuchen soll. | |
| In etwa einem Dutzend Fällen soll nun geprüft werden, inwieweit | |
| Verhörspezialisten bei Terroristen-Vernehmungen gegen Gesetze verstoßen | |
| haben, teilte Holder mit. Zum Leiter der Ermittlung berief der | |
| Justizminister den Staatsanwalt John Durham. Der solle auch die | |
| Hintergründe der Zerstörung von Videobändern durch die CIA untersuchen, auf | |
| denen angeblich die Anwendung von brutalen Verhörmethoden zu sehen war. | |
| Die Ereignisse vom Montag markieren so etwas wie eine Kehrtwende der | |
| Regierung des neuen US-Präsidenten Barack Obama. Obama hatte bisher einer | |
| juristischen Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen der Bush-Ära | |
| zögerlich bis ablehnend gegenüber gestanden. Er wolle nach vorne schauen, | |
| statt zurück, hatte Obama gesagt, der selbst Verfassungsrechtler ist. | |
| Im April hatte er etwas lauwarm verfügt, dass sein Justizminister die | |
| schlussendliche Entscheidug treffen solle, ob gegen CIA-Mitarbeitende | |
| ermittelt werden solle, oder nicht. Obama hatte die Veröffentlichung des | |
| nun vorliegenden CIA-Berichts abgelehnt. Nachdem die | |
| Bürgerrechtsorganisation ACLU jedoch auf die Veröffentlichung klagte, | |
| ordnete ein Gericht die Herausgabe an. | |
| Dem jetzt öffentlich gemachten CIA-Report zufolge hatten US-amerikanische | |
| Verhörspezialisten Khalid Sheik Mohammed, einem der mutmaßlichen | |
| Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001, mit der Ermordung | |
| seiner Kinder gedroht. Einem anderen Gefangenen soll erzählt worden sein, | |
| er werde zusehen müssen, wie sie seine Mutter vergewaltigen würden. Andere | |
| Inhaftierte seien mit einer elektrischen Bohrmaschine und Schusswaffen | |
| bedroht worden. Zum Schreckensszenario der US-Verhörer gehörten offenbar | |
| auch vorgetäuschte Hinrichtungen. | |
| Offenbar, so der Bericht, zeitigten die Methoden aber auch Erfolge. | |
| Verhörergebnisse sollen dazu geführt haben, dass weitere Gesuchte | |
| identifiziert und verhaftet, sowie geplante Anschläge verhindert werden | |
| konnten. Rechtsexperten und Kritiker der CIA bestreiten, dass diese | |
| Resultate nur aufgrund von Folter erzielt werden konnten. | |
| Holder betonte am Montag, dass er sich darüber im Klaren sei, dass seine | |
| Entscheidung äußerst umstritten sein werde. Angesichts der im CIA-Bericht | |
| aufgetauchten Informationen sei für ihn die Anordnung einer Ermittlung | |
| jedoch "der einzig verantwortliche Kurs". | |
| Obama ließ unterdessen am Montag aus seinem Feriendomizil auf Marthas | |
| Vineyard verlauten, eine Spezialeinheit für Vernehmungen mutmaßlicher | |
| Terroristen gründen zu wollen. Die Sondereinheit werde künftig bei der | |
| US-Bundespolizei FBI angesiedelt sein und aus Spezialisten verschiedener | |
| Bundesbehörden bestehen, teilte der stellvertretende Sprecher des Weißen | |
| Hauses, Bill Burton, mit. | |
| Das Weiße Haus bekräftigte noch einmal Obamas Wunsch "nach vorne und nicht | |
| zurückzublicken". Zugleich hieß es, der Justizminister und | |
| Generalstaatsanwalt müssten unabhängig von einander entscheiden, ob jemand | |
| illegal gehandelt habe oder nicht. | |
| David Cole, progressiver Juraprofessor der Georgetown University, begrüßte | |
| Holders Ankündigung einer Ermittlung als “wichtigen ersten Schritt”. Doch | |
| Cole foderte, dass die Verantwortlichen, “und zwar die ganze | |
| Entscheidungskette des Justizministeriums hoch,” bis hinauf zum damaligen | |
| Vizepräsident Dick Cheney, zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Alles | |
| andere sei keine echte Aufklärung sondern nur die die Suche nach billigen | |
| scharzen Schafen. | |
| 25 Aug 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| A. Woltersdorf | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Ex-US-Vizepräsident Cheney verteidigt Folter: Eine "einsame Stimme" teilt aus | |
| Von Naivchen und Miesmachern: Der frühere US-Vizepräsident Dick Cheney | |
| rechnet in seinen Memoiren mit der Bush-Administration ab. Und rechtfertigt | |
| das Waterboarding. | |
| Kommentar CIA-Protokolle: Ohne Verurteilung keine Versöhnung | |
| Es enttäuscht, dass Obama erst nach der erzwungenen Veröffentlichung einen | |
| Sonderermittler zur Aufklärung der CIA-Folter ernennt. Die politisch | |
| Verantwortlichen muss er jetzt in die Pflicht nehmen. |