# taz.de -- Kommentar CIA-Protokolle: Ohne Verurteilung keine Versöhnung | |
> Es enttäuscht, dass Obama erst nach der erzwungenen Veröffentlichung | |
> einen Sonderermittler zur Aufklärung der CIA-Folter ernennt. Die | |
> politisch Verantwortlichen muss er jetzt in die Pflicht nehmen. | |
Wer ein besseres Morgen will, muss nach vorn blicken, nicht zurück. Dieser | |
kurze Satz fasst einen Gutteil des amerikanischen Selbstverständnisses. Als | |
Barack Obama im Wahlkampf versprach, er wolle nicht zurückblicken im Zorn | |
auf jene, die Krieg und Gewalt zu verantworten haben, spielte er perfekt | |
auf dieser Klaviatur. Amerika müsse sich stattdessen - einmal mehr - neu | |
erfinden. | |
Mit dieser Strategie hoffte der Demokrat wichtige republikanische Stimmen | |
bei der Umsetzung von Großprojekten wie der Gesundheitsreform zu gewinnen. | |
Der Deal: Ich lasse eure Taten ungeahndet, und ihr erlaubt mir, Amerika zu | |
einem besseren Land zu machen. Obama hatte schon als Wahlkämpfer ein feines | |
Gespür dafür, was der politischen Klasse, in die er sich hineinwählen | |
lassen wollte, zupasskommt. Ein Präsident hackt dem anderen kein Auge aus. | |
Um das Amt nicht zu beschädigen, versteht sich. | |
Jetzt aber droht Obama unter seiner Politik der zugeschütteten | |
Schützengräben selbst begraben zu werden. Der Druck auf ihn wächst und | |
wächst. Es ist ernüchternd, dass er erst einen unabhängigen Sonderermittler | |
beruft, nachdem Gräueltaten des CIA bekannt geworden sind, die selbst den | |
überzeugtesten Amerika-Freund das Fürchten lehren. Im Namen der Vereinigten | |
Staaten wurde gefoltert und sogar damit gedroht, Angehörige zu | |
vergewaltigen und zu ermorden. Unfassbar - das mag die erste Reaktion sein. | |
Vor allem, wenn man hört, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Dick Cheney die | |
Gewaltexzesse bis heute verteidigt. | |
Bei kühlerer Betrachtungsweise aber erstaunt es letztlich wenig, dass so | |
etwas in dieser privatisierten Politik der Bush-Regierung passieren konnte. | |
Losgelöst von demokratischer Kontrolle und getrieben von Profitgier, konnte | |
sich ein System etablieren, in dem humanitäre Grundsätze keinerlei Rolle | |
spielten. | |
Ob Obama will oder nicht: Als Präsident der USA trägt er die Verantwortung | |
für sein Land nicht nur im Heute und Morgen, sondern auch für dessen | |
jüngste Vergangenheit. | |
Daher muss er jetzt die Verbrechen der CIA mit aller Härte aufdecken. Und | |
er muss die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen, auch wenn sie seiner | |
eigenen politischen Klasse angehören. Wenn Obama es wirklich ernst meint | |
mit einem Neuanfang, muss er alles dafür tun, dass Cheney, immerhin das | |
Gehirn des Grauens, zur Rechenschaft gezogen wird. | |
25 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ex-US-Vizepräsident Cheney verteidigt Folter: Eine "einsame Stimme" teilt aus | |
Von Naivchen und Miesmachern: Der frühere US-Vizepräsident Dick Cheney | |
rechnet in seinen Memoiren mit der Bush-Administration ab. Und rechtfertigt | |
das Waterboarding. | |
CIA-Report veröffentlicht: Foltern für die Sicherheit | |
Die Veröffentlichung des CIA-Reports hat für Aufregung gesorgt. Beamte | |
sollen bei Verhören stärker gefoltert haben, als von der Bush-Regierung | |
toleriert. Ein Sonderermittler wurde eingesetzt. |