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# taz.de -- Armenien und Türkei wollen Grenzen öffnen: Historische Annäherung
> Die bislang verfeindeten Nachbarn Türkei und Armenien wollen erstmals
> seit 1991 diplomatische Beziehungen aufnehmen. Dem soll eine Öffnung der
> Grenzen folgen.
Bild: Die Nachbarstaaten Türkei und Armenien wollen einen Schlussstrich unter …
Spätestens in sechs Wochen soll es so weit sein. In einem historischen
Schritt wollen die Türkei und Armenien erstmals diplomatische Beziehungen
aufnehmen. Spätestens zwei Monate danach soll dann auch die seit 16 Jahren
geschlossene Grenze zwischen den beiden Nachbarstaaten wieder geöffnet
werden.
Das geht aus einer Vereinbarung hervor, die beide Länder mit Schweizer
Vermittlung aushandelten und Montagabend in Bern veröffentlichten. Damit
könnte der seit bald 100 Jahren schwelende Konflikt zwischen Armenien und
der weltweiten armenischen Diaspora sowie der Türkei als Nachfolgestaat des
Osmanischen Reiches endlich in eine Aussöhnung münden.
Bis heute vergiftet der Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich nicht
nur die Beziehungen zwischen den beiden Völkern, sondern droht die Türkei
auch bei ihren Verbündeten in Europa und den USA zu isolieren. Sowohl die
EU-Kommission als auch die US-Regierung begrüßten die Vereinbarung.
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bestätigte gestern gegenüber
dem Nachrichtenkanal NTV, dass es seit dem Frühjahr in Bern intensive
Gespräche mit den armenischen Partnern gegeben habe. Bereits im April,
während des Besuchs des amerikanischen Präsidenten Obama in Istanbul, hatte
die türkische Regierung erklärt, man habe sich auf eine Roadmap zur
Normalisierung der Beziehungen mit Armenien verständigt.
Jetzt liegt die konkrete Vereinbarung vor. Danach sollen beide Parlamente
innerhalb von sechs Wochen die Einigung absegnen um dann umgehend erstmals
seit der Unabhängigkeit Armeniens 1991 diplomatische Beziehungen
aufzunehmen. Laut Vertrag soll innerhalb von zwei Monaten die Grenze
geöffnet werden. Weitere wichtige Punkte sind, dass Armenien die bestehende
Grenze zwischen beiden Ländern offiziell anerkennt.
Überdies stimmt Erewan zu, dass eine Kommission aus Historikern beider
Länder gebildet wird. Diese soll Dokumente und Forschungsergebnisse zu den
Massakern und Vertreibungen der Armenier im Osmanische Reich während des
Ersten Weltkrieges diskutieren. Dabei geht es vor allem darum, ob die
damaligen ethnischen Säuberungen im Gebiet der heutigen Osttürkei als
Völkermord zu werten sind.
Während die Einsetzung der Historikerkommission erst einmal auch ohne
konkrete Ergebnisse ausreicht, um den Weg für eine Normalisierung nicht
weiter zu blockieren, bleibt die armenische Besetzung von Teilen
Aserbaidschans ein schweres Hindernis. Die Schließung der Grenze zu
Armenien durch die Türkei 1993 war ein Akt der Solidarität mit dem
Verbündeten Aserbaidschan, nachdem Armenien nicht nur die Enklave
Berg-Karabach erobert hatte, sondern auch weitere Gebiete des aserischen
Kernlandes besetzte. Diese Besatzung dauert nach wie vor an und es fällt
Ankara schwer, den Freunden in Baku zu erklären, warum man trotzdem die
Grenze öffnen will.
So betonte Davutoglu im Fernsehen zwar, dass die Freundschaft mit
Aserbaidschan das Wichtigste für die Türkei sei, hielt aber an dem
vereinbarten Terminplan fest.
Nach ihrem letzten Treffen, das von dem russischen Präsidenten Medwedjew in
Moskau moderiert wurde, erklärten sowohl der Präsident von Aserbaidschan,
Ilham Alijew, wie sein armenischer Kollege Serge Sarkisian, man sei einer
Lösung näher gekommen. Im Oktober findet das Rückspiel der armenischen
Fußballnationalmannschaft für die Weltmeisterschaftsqualifikation in der
Türkei statt. Zum Hinspiel im letzten September war der türkische Präsident
Abdullah Gül nach Jerewan gereist. Man hofft nun, dass Sarkisian anlässlich
des Spiels ebenfalls in die Türkei kommt und damit die Normalisierung
besiegelt.
2 Sep 2009
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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Die langjährige Feindschaft zwischen Armenien und der Türkei scheint zu
Ende zu sein. Beide Länder wollen die Grenze öffnen. Was bleibt ist eine
unaufgearbeitete Völkermord-Debatte.
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