# taz.de -- Gefangene in Afghanistan: Haben Dänen US-Folter geduldet? | |
> Ein Gericht in Kopenhagen soll klären, welche Verantwortung dänische | |
> Truppen in Afghanistan hatten, als sie Gefangene an folternde US-Militärs | |
> überstellten. | |
Bild: Im US-Streitkräfte-Lager "Kandahar Detention Center" wurde der Kläger T… | |
STOCKHOLM taz | Mussten in Afghanistan eingesetzte Nato-Soldaten davon | |
ausgehen, dass die von ihnen an US-Truppen übergebene Gefangene von diesen | |
gefoltert werden, weil es Hinweise gab, dass die USA sich nicht an die | |
Genfer Konvention hielten? Welche Verantwortung hat eine Regierung, wenn | |
sie dann trotzdem eine Gefangenenüberstellung an die US-Truppen anordnet? | |
Diese Fragen stehen im Mittelpunkt eines Prozesses, der am Dienstag in | |
Kopenhagen begann. | |
Es klagt der Afghane Ghousouallah Tarin. Er ist einer von 31 Gefangenen der | |
dänischen Afghanistan-Truppe, die diese bei einem Einsatz im Rahmen der | |
"Operation Enduring Freedom" am 17. März 2002 in der südlichen Provinz | |
Helmand machte. Sie wurden als mutmaßliche al-Qaida-Mitglieder an die | |
US-Streitkräfte im "Kandahar Detention Center" übergeben. Dort wurde Tarin | |
nach eigenen Angaben zwei Tage lang gefoltert, bis für die USA klar war, | |
dass er in Wirklichkeit ein Polizist der Regierung in Kabul war. Er wirft | |
der dänischen Regierung vor, sie habe von dem Risiko der Folter gewusst und | |
sie mit seiner Überstellung in Kauf genommen. | |
Der Fall wurde durch eine 2006 im dänischen Fernsehen gezeigte | |
Dokumentation bekannt. Darin wurde auch Materialien präsentiert, wonach der | |
dänischen Regierung die "routinemäßig" völkerrechtswidrige Behandlung von | |
Gefangenen in US-Verhörlagern bekannt gewesen sein musste. So hatten sowohl | |
US-Präsident George W. Bush wie sein damaliger Verteidigungsminister Donald | |
Rumsfeld im Januar und Februar 2002 öffentlich erklärt, dass im "Kampf | |
gegen den Terror" gemachte Gefangene für die USA nicht unter die | |
Bestimmungen der Kriegsgefangenenkonvention fallen. | |
Die damalige dänische Regierung war auch vom seinerzeitigen Befehlshaber | |
ihrer Spezialkräfte in Afghanistan darauf hingewiesen worden, dass es wegen | |
dieser Einstellung Washingtons Probleme mit der Auslieferung von Gefangenen | |
geben könnte. Kopenhagens Antwort: Man vertraue den USA, dass es nicht zu | |
Übergriffen komme. Auch Amnesty International wies schon im Februar 2002 | |
auf die womöglich völkerrechtswidrige Behandlung von Gefangenen im | |
Kandahar-Lager der US-Truppen hin. In den Folgewochen gab es mehrere | |
Presseberichte über dortige Misshandlungen. | |
Vor Gericht geht es jetzt darum, ob die damalige dänische Regierung von der | |
Möglichkeit einer Folterung des Klägers hätte ausgehen müssen. | |
Regierungschef war damals der heutige Nato-Generalsekretär Anders Fogh | |
Rasmussen. Wird ihm nachgewisen, dass er von der völkerrechtswidrigen | |
Behandlung Gefangener durch die USA nicht erst nachträglich erfuhr, hätte | |
er auch das Parlament belogen. | |
8 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
Reinhard Wolff | |
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Schwerpunkt Afghanistan | |
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