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# taz.de -- Kartellamt funkt dazwischen: Das Berliner Luftschloss
> Das Bundeskartellamt erklärt die Verträge zum Bau des Berliner
> Stadtschlosses für nichtig. Damit könnte sich das Mammutprojekt erheblich
> verzögern.
Bild: Nur ein Traum? Das Modell des Entwurfs vom Architekten Stella.
Langsam ist der Streit schon Kult: Im Streit um den Neubau des Berliner
Stadtschlosses erklärte die Vergabekammer des Bundeskartellamtes die
Verträge am Freitag für "nichtig". Weil im Vergabeverfahren
Mindestanforderungen nicht geprüft worden und formale Fehler vorhanden
seien, hätten die Verträge zur Errichtung des Stadtschlosses keinen
Bestand, sagte eine Sprecherin des Bundeskartellamtes der taz. Damit geht
ein langer Kampf um das Stadtbild der Hauptstadt und ein nationales
Prestigeprojekt in die nächste Runde.
In Berlins Stadtzentrum sollte ab 2010 das 1950 gesprengte historische
Stadtschloss wieder aufgebaut werden und hinter barocken Fassaden mit dem
"Humboldt-Forum" ein nationales Kulturzentrum entstehen. Das seit langem
umstrittene, 552 Millionen Euro teure Projekt droht nun erheblich verzögert
zu werden.
Hintergrund sind Ungereimtheiten bei der Auftragsvergabe: Eine Sprecherin
des Bundeskartellamtes sagte der taz, vor der Auftragsvergabe sei "nicht
gewährleistet worden, dass das ausführende Architekturbüro auch geeignet
ist, ein solch komplexes Bauprojekt durchzuführen". Daneben gebe es weitere
formale Fehler im Verfahren. So hätte der im Vergabeverfahren unterlegene
Architekt Hans Kollhoff, der zuvor das Kartellamt angerufen hatte, auch
förmlich über seine Nichtbeteiligung informiert werden müssen.
Bei einem Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Berliner Schlossplatzes hatte
das bis dahin weitgehend unbekannte italienische Architekturbüro Francesco
Stella im Herbst 2008 den ersten Preis gemacht - und daraufhin den Auftrag
zum Bau des Schlosses erhalten.
Bereits bei der Entscheidung für Stella waren Zweifel darüber laut
geworden, ob das kleine Architekturbüro dem Mammutprojekt gewachsen sei. Zu
Recht, wie die Entscheidung des Bundeskartellamtes zeigt. Eine der
Mindestanforderung wäre etwa, dass das Architekturbüro über mindestens drei
festangestellte Mitarbeiter verfügt. Dies konnte Stella nie nachweisen.
Das Bundesbauministerium sieht derweil die Durchführung des Bauvorhabens
nicht gefährdet - und sprach am Freitag von "sehr guten Fortschritten bei
der Planung". Ein Sprecher sagte: "Die Entscheidung der Vergabekammer ist
eine behördliche Entscheidung, die noch nicht endgültig ist." Das
Ministerium will gegen die Entscheidung des Kartellamts vorgehen und eine
gerichtliche Prüfung durch das zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf
herbeiführen. Geht es nach Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD), wird 2010
mit dem Bau begonnen, 2013 soll das Schloss fertig sein.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, der Mitglied im Stiftungsrat des
Stadtschlosses ist, sagte gegenüber der taz: "Ein so großes Projekt darf
nicht durch eine behördliche Entscheidung gefährdet werden." Die Einwände
des Kartellamtes beträfen nicht die inhaltliche Eignung des Entwurfes,
sondern nur formelle Fragen. "Daraus folgt, dass der Architekt Stella den
Zuschlag absolut zu Recht bekommen hat."
Scharfe Kritik erntete Bauminister Tiefensee von der
CDU-Bundestagsfraktion. Deren haushaltspolitischer Sprecher Steffen
Kampeter machte Tiefensee für die "gravierenden Vergabefehler" beim
Humboldt-Forum verantwortlich. "Sich in einem so bedeutenden Projekt solche
Schnitzer zu erlauben, ist unglaublich", sagte Kampeter.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bedauerte die
"Irritationen bei der Verwirklichung des Humboldt-Forums". Wichtig sei nun,
dass offene Rechtsfragen schnell geklärt und mit dem Bau bald begonnen
werden könne.
Die Debatte um den Bau des Schlosses hatte in der Vergangenheit immer
wieder für ideologische Auseinandersetzungen gesorgt. Für den Bau des
Schlosses war zuvor der Palast der Republik abgerissen geworden, der die
Volkskammer der DDR beherbergt hatte.
11 Sep 2009
## AUTOREN
Martin Kaul
Martin Kaul
## TAGS
Deutscher Kolonialismus
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