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# taz.de -- Kranich-Beobachtung in Brandenburg: "Es ist ein schönes Spektakel"
> Immer mehr Kraniche kommen auf der Durchreise nach Brandenburg, sagt
> Ornithologin Jana Albrecht. Aber darum bräuchte es auch noch mehr
> Feuchtgebiete.
taz: Frau Albrecht, letzte Woche haben Sie an einem einzigen Tag 21.100
Kraniche gezählt. Was machen die Kraniche alle in Brandenburg?
Jana Albrecht: Die sind hier auf dem Durchflug in Richtung Süden. Die
meisten kommen aus Skandinavien, hauptsächlich aus Schweden. Sie
übernachten hier und fressen sich Fettreserven an, machen also eine ganze
Weile Pause, um weiterzufliegen, wenn das Wetter wieder günstig ist.
Ist es normal, dass es so viele sind?
Sowohl die hier lebenden Brutpaare als auch die Kraniche auf dem Durchflug
sind mehr geworden. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl
verdoppelt.
Was macht Brandenburg denn so attraktiv für sie?
Die Bedingungen waren in den letzten Jahren sehr gut, weil die Rastplätze
geschützt werden und das Angebot an Schlafplätzen erweitert wurde. Die
Brutpaare zum Beispiel haben sich jedes mögliche Biotop gesucht. Teilweise
haben die sich neben den Bahnlinien eingerichtet. Hauptsache, es ist ein
bisschen feucht und getarnt.
Warum muss es feucht sein?
Kraniche schlafen gern mit feuchten Füßen, stehen also in flachen
Feuchtgebieten, wenn sie schlafen. Dazu ist die Niedermoorlandschaft
Rhinluch in Ostprignitz-Ruppin ideal. Aber es wäre schön, wenn es im Umland
mehr Feuchtgebiete gäbe, dann würde sich nicht alles auf die Gegend hier
rund um Linum konzentrieren. So herrscht hier rund um Linum manchmal Chaos
unter den Kranichen. Immerhin sind hier an Spitzentagen bis zu 80.000
Vögel. Und gerade jetzt, wo sie Kraft und Ruhe tanken sollten, ist das ein
Nachteil.
Wie zählt man eigentlich 80.000 Kraniche?
Am einfachsten ist es, die Kraniche morgens beim Ausflug zu zählen. Noch
vor Morgengrauen beziehen wir einzelne Positionen rund um das
Schlafgewässer. Wir sind da inzwischen ein ziemlich eingespieltes Team.
Alles, was über meinen Sektor, meinen Kopf sozusagen, hinwegfliegt, zähle
ich. Das dauert in etwa zwei Stunden. Wir beginnen morgens um sechs.
Wird das nicht mal langweilig?
Nein, es ist immer wieder spannend. Schließlich verhalten sich die Kraniche
jeden Morgen etwas anders. Außerdem gibt es ja auch immer die Spannung, wie
viele es heute sind. Es ist schon fantastisch. Freiwillig stehe ich sonst
nicht so früh auf.
Was ist das Faszinierende an Kranichen?
Es ist schon ein ganz schönes Spektakel. Die Kraniche rufen durch ihre
lange Luftröhre einen wunderschönen Laut aus, der durch Mark und Bein geht.
Rufen sie was Bestimmtes?
Die rufen ihren lateinischen Namen. Sie heißen Grus grus. Für mich klingt
es immer ein bisschen wie Fernweh. Manchmal denke ich, die Kraniche rufen
so, als ob sie sich das ganze Jahr darauf gefreut haben, sich hier zu
treffen. Das klingt dann nach Jubel im Fußballstadion.
Gibt es Leute, die sich gestört fühlen von den Kranichen?
Eigentlich nicht. Es kann Schwierigkeiten geben, wenn sich die Kraniche an
die Winterernte der Bauern machen. Sie essen sehr gern Mais. Wir stehen
dann zur Verfügung, um sie von den Feldern zu vergrämen.
Wie machen Sie das?
Wir stehen dann bestenfalls am Feld, bevor die Kraniche überhaupt landen
können. Für einen Kranichschützer ist das keine schöne Arbeit. Kraniche
sind sehr störungsempfindlich. Wenn ein Mensch auf dem Acker
entlangspaziert, gehen sie dort nicht runter. Was wir auch machen, ist Mais
streuen, damit die Kraniche, wenn sie verjagt werden, trotzdem noch Nahrung
bekommen. Das machen wir aber nur zur Winterernte. Es soll keine Fütterung
sein.
Wenn ich mir Kraniche ansehen will, wie mache ich das, ohne groß zu stören?
Man sollte sich einfach ein wenig zurücknehmen. Die meisten machen das ja
auch ganz gut und bleiben auf den Wegen und an den Ausguckstellen, die es
gibt. Wer im Auto unterwegs ist und Kraniche sieht, sollte nicht sofort aus
dem Wagen springen, sondern sich das Spektakel vielleicht einfach vom Auto
aus ansehen.
27 Sep 2009
## AUTOREN
Sascha Chaimowitz
## TAGS
Tiere
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