# taz.de -- Kulturszene: Gitarren in Angst | |
> Nach dem Einbruch in die Proberäume im alten Zollamt fürchtet der Verein | |
> "Musikszene Bremen", dass der weitere Ausbau aus Geldgründen gestoppt | |
> wird. | |
Bild: Ausbaufähig: Die oberen Etagen des Zollamts. | |
Nicht, dass es einen guten Zeitpunkt für einen Einbruch geben würde. Aber | |
einen schlechteren können sich Andreas Mückley und seine Mitstreiter vom | |
Verein Musikszene Bremen nicht vorstellen. Unbekannte Täter sind in der | |
Nacht zum Freitag in das ehemalige, zu Proberäumen umgewidmete Zollamt in | |
der Überseestadt eingebrochen, haben alle Holztüren aufgestemmt, | |
Glasscheiben eingeworfen, alles durchwühlt, offenbar auf der Suche nach | |
Geld oder Dingen, die sich leicht transportieren und verkaufen lassen. Weil | |
sie nicht viel fanden, haben sie sich am Inventar abreagiert, "aus Frust", | |
vermutet Mückley und zeigt einen der verwüsteten Räume. | |
Die Möbel sind durcheinandergeworfen, der Inhalt einer Zuckertüte ist auf | |
dem Boden zerstreut worden, daneben liegen leere Bierflaschen. Nur ein | |
Schlagzeug lässt auf den ersten Blick erkennen, dass hier Musik gemacht | |
wird. Obwohl nach derzeitiger Kenntnis nur wenig gestohlen wurde, wollen | |
viele Musiker ihre Instrumente nicht mehr in dem Gebäude lassen. | |
Erst vor einem Jahr zogen 35 Bremer Bands in die unteren beiden Etagen des | |
im besten Design der 50er Jahre gehaltenen Baus. Weil der Bedarf weit höher | |
ist, hatte die Kulturbehörde den Ausbau auch der oberen beiden Etagen in | |
dem Gebäude in Aussicht gestellt. 20 weitere Proberäume für die seit Jahren | |
durch die Stadt vagabundierende Musikszene könnten so geschaffen werden. | |
Doch dafür braucht es Geld, nach den jüngsten Berechnungen 80.000 Euro. | |
Mückley befürchtet, dass die öffentlichen Geldgeber diese nicht mehr | |
herausrücken, wenn sie 20.000 Euro für die Reparaturen an Türen und | |
Fenstern bezahlen müssen - und den Kostenvoranschlag für eine Alarmanlage | |
gesehen haben. "Ausgerechnet jetzt", sagt der 43-jährige Hobbymusiker, dem | |
der Verein und das Zollamt so sehr "ans Herz gewachsen" ist, dass er sich | |
dafür engagiert, auch wenn er seit einem Dreivierteljahr keine Band hat. | |
Anfangs sei es schlicht darum gegangen, nach dem Rauswurf aus dem Postamt | |
im Jahr 2007 neue Proberäume zu organisieren, erzählt er. 70 Bands saßen | |
damals auf der Straße, zusätzlich zu denen, die ohnehin auf der Suche | |
waren. Mittlerweile begreifen Mückley und die anderen aktiven | |
Vereinsmitglieder sich als kulturpolitische Akteure, die der Musikszene | |
dauerhaft bessere Bedingungen verschaffen und damit die Stadt mit einer | |
kreativen Szene versorgen - ehrenamtlich neben dem Vollzeitjob. | |
Dazu gehört Nachwuchsförderung, ein Wunsch der Kulturbehörde, über den sie | |
zunächst "gar nicht begeistert" gewesen seien, wie Mückley zugibt. Heute | |
ist er Feuer und Flamme, plant Patenschaften für Schulbands und träumt | |
davon, die ehemalige Kantine im Obergeschoss mit Blick über die | |
Hafenvorstadt zu einem Veranstaltungsraum umzubauen - nicht zuletzt, um | |
jungen Bands dort Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen. | |
Wenn es nach der Staatsrätin für Kultur, Carmen Emigholz geht, dann soll es | |
nicht bei Träumen bleiben und das Geld für den Ausbau wie versprochen | |
bewilligt werden. "Wir gehen davon aus, dass der Einbruch damit nichts zu | |
tun hat", sagt ihr Sprecher. Auch die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) als | |
Eigentümerin der Immobilie und Geldgeberin beruhigt und will erst einmal | |
prüfen, ob nicht doch ein Versicherungsschutz gegen Vandalismus besteht. | |
Sollten die Zusagen eingehalten werden, bleibt nur der ideelle Schaden und | |
der Schmerz des einen oder anderen über den Verlust der heiß geliebten | |
Gitarre. Dass Bands das Zollamt verlassen, ist unwahrscheinlich. | |
Alternativen haben sie nicht. Und selbst wenn: Ralf Brummerloh, Gitarrist | |
der auch außerhalb Bremens bekannten Black Night Crash, schwärmt von den | |
Wänden ohne Pilzbefall, den netten Leuten im Haus und von der Sonne, die | |
"eigentlich immer" auf die Rampe vor dem Haus scheint, auf der sie zwischen | |
den Proben zusammensitzen. "Etwas besseres gibts nicht." | |
13 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
Eiken Bruhn | |
## TAGS | |
Immobilien Bremen | |
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