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# taz.de -- Was ist chinesische Kultur heute: Konfuzius im Copyshop
> China unterhält seit kurzem Kulturhäuser im Ausland. Doch die Kultur, die
> die Konfuzius-Institute vermitteln, hat mit der chinesischen Gegenwart
> nichts zu tun.
Bild: China heute: Mahjong spielende Männer
Konfuzius war zwar ein großer Denker. Er versuchte sein ganzes Leben lang
sein politisches Gedankengut zu vermarkten, allerdings vergebens. Er fand
bei den damaligen Fürsten kein Gehör. Erst in der Han-Dynastie wurden seine
Ideen vom chinesischen Kaiserhof als die einzige, offiziell legitime Lehre
etabliert. Das blieb bis zur Qing-Zeit so. Daher nennt sich die
Institution, die heute die chinesische Kultur im Ausland verbreitet,
Konfuzius-Institut. Der Name passt wunderbar, weil er den wichtigsten
Charakter dieser Kulturinstitution hervorhebt – sie ist ein
Regierungsorgan.
Da das Konfuzius-Institut die chinesische Regierung vertritt, kann es nur
diejenige Kultur verbreiten, die von der Regierung anerkannt ist. Dies
widerspricht aber dem wichtigsten Wesen von Kultur, nämlich Rückbesinnung
und Kritik. Wang Hongtu, der Leiter des Konfuzius-Instituts Hamburg,
antwortete während einer Diskussionsrunde während der Frankfurter Buchmesse
auf eine Frage aus dem Publikum, warum denn das Konfuzius-Institut meistens
nur inhaltslose Veranstaltungen biete, dass das Konfuzius-Institut durchaus
eine ganze Menge interessante Veranstaltungen organisiert habe, wie etwa
Veranstaltungen darüber, wie in China und Deutschland Feste unterschiedlich
gefeiert werden.
Selbstverständlich haben wir Chinesen auch das Bedürfnis, Land und Leute
von Deutschland kennenzulernen und uns über ihre Sitten zu informieren.
Aber Kultur kann nicht nur auf solche Sachen reduziert werden. Dialog ist
ein Prozess des gegenseitigen Fragens und der Debatte. Der sogenannte
Dialog im Sinne der chinesischen Regierung bleibt jedoch immer noch auf dem
Niveau eines Kinderspiels.
Im Chinesisch-Unterricht der Grundschule werden Chinesen aufgefordert, die
Hauptgedanken eines Artikels zusammenzufassen. Viele Texte wurden als „die
Schattenseiten der alten feudalen Gesellschaft entlarvend“ in die
Lehrbücher aufgenommen. Gut, im heutigen China herrscht eine neue
Gesellschaft. Komisch ist, dass man sich nun in der heutigen Gesellschaft
nicht mehr traut, die Schattenseiten zu entlarven: die Chinesen leben
anscheinend wie im Paradies, Kunst ist zu Lobgesang geworden und Kultur zur
Propaganda.
Die olympischen Spiele waren aus Sicht des offiziellen China eine sehr gute
Chance. Die mit großen Summen geförderte Eröffnungsfeier war überwältigend.
Unzählige Schauspieler, die nicht mal großartig bezahlt werden mussten,
haben die alte chinesische Kultur zur Schau gestellt: Druckkunst,
Kompassnadel, aber das alles gehört der Vergangenheit an.
Schauen wir uns das heutige China an: Es ist ein großes Land, das wunderbar
kopieren kann. Es ist die Fabrik der Welt, aber es hat wenig gute
Schriftsteller, Musiker oder Designer. Was jetzt wirklich die chinesische
Kultur vertreten kann, sind die ganze Stadt Chengdu säumenden
Mahjong-Tische. Oder die vielen tausend jungen Wanderarbeiter. Oder die
Billard-Tische, an denen man sich für wenig Geld vergnügen kann. Oder sogar
die chinesischen Züge, die immer zum chinesischen Neujahrsfest im Januar
total überfüllt mit Reisenden sind. Oder die vielen Polizisten, die immer,
wenn einer der chinesischen Führungspolitiker unterwegs ist, die Straßen
absperren.
Die Wahrheit, die ich meine, ist die: der Durchschnittschinese interessiert
sich nicht nur nicht für die Vergangenheit, er weiß nicht mal wie seine
Zukunft aussieht. Die Hochhäuser in Peking und Shanghai stehen nicht für
China. Was China am besten vertreten kann sind die vielen, vielen Chinesen,
die sich für ihr Leben abrackern. Wie man noch besser leben kann, das ist
die chinesische Kultur. Aber dafür interessieren sich die Offiziellen
nicht.
Deshalb ist all die sogenannte Kultur, die das offizielle chinesische
Konfuzius-Institut verbreitet, genauso leer und unklar wie der Dialog, der
im Rahmen dieser Veranstaltung auf der Buchmesse stattgefunden hat.
Übersetzt von Liu Feng und Kristin Kupfer
CHEN MENGCANG, geb. 1981, ist Redakteur und Journalist bei dem chinesischen
Webportal Netease (Wangyi) in Peking. Dieses ist vergleichbar mit den
Portalen gmx oder yahoo.
15 Oct 2009
## AUTOREN
Chen Mengcang
## TAGS
Universität Hamburg
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